Soziologe und Risikoforscher Ulrich Beck gestorben

München (dpa) - Der Soziologe Ulrich Beck, einer der einflussreichsten deutschen Intellektuellen, ist im Alter von 70 Jahren gestorben. Dies bestätigte am Samstag die Sprecherin des Suhrkamp-Verlags in Berlin, Tanja Postpischil.

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Nach einem Bericht von Süddeutsche.de erlag Beck bereits am 1. Januar einem Herzinfarkt.

Als Vordenker und Risikoforscher prägte Beck viele politische Debatten der vergangenen Jahrzehnte. Berühmt wurde er 1986 mit dem Bestseller „Risikogesellschaft“, der in mehr als 35 Sprachen übersetzt und 2007 mit dem Buch „Weltrisikogesellschaft“ aktualisiert wurde.

SPD-Chef Sigmar Gabriel würdigte Beck als „präzisen Analytiker und hoch geschätzten Ratgeber“: „Wir alle wurden in den letzten 30 Jahren von seinen paradigmatischen Begriffen und Theoremen beeinflusst, die nicht nur die internationale Forschung, sondern auch den politischen Diskurs voranbrachten.“

Nach Becks Analysen krankt die moderne Gesellschaft nicht an ihren Niederlagen, sondern an ihren Siegen: Der weltweite Terrorismus ist Konsequenz eines Sieges der Moderne. Die Klimakatastrophe droht, weil die Industrialisierung so erfolgreich war. Die Massenarbeitslosigkeit folgt aus den Produktivitätsgewinnen. Die Alterspyramide sprengt die Sozialsysteme, weil die Medizin die Menschen länger leben lässt.

Becks Ausführungen zur sozialen Konstruktion globaler Risiken in der „zweiten Moderne“ fanden viel Zustimmung: Weil das Risiko - als Vorwegnahme einer möglichen Katastrophe - nicht messbar ist, hängt sein gefühltes Ausmaß von der Definition ab. Es kann dramatisiert oder minimiert, verwandelt oder geleugnet werden. Und es muss sichtbar werden ­ etwa als Wirbelsturm, der zum Vorboten der Erderwärmung erklärt wird.

Die globalen Weltrisiken, so argumentierte Beck, entziehen sich der Kontrollierbarkeit. Er kritisierte, dass die Politik mitunter den Schrecken inszeniere und die Terrorangst nutze, um ungehemmt Sicherheitsgesetze und Überwachungsinstrumente auf den Weg zu bringen.

Mit Humor, griffigen Bildern und Bodenhaftung publizierte Beck - gelegentlich gemeinsam mit seiner Frau und Kollegin Elisabeth Beck-Gernsheim - einen Bestseller nach dem anderen. In „Das ganz normale Chaos der Liebe“ (1990) und „Fernliebe: Lebensformen im globalen Zeitalter“ (2011) beschrieb das Paar das Zerbrechen traditioneller Werte und Bindungen sowie die Folgen der Individualisierung.

Beck wurde am 15. Mai 1944 in Stolp/Pommern (heute Słupsk/Polen) geboren. Nach der Übersiedlung der Familie in den Westen wuchs er mit seinen vier Schwestern in Hannover auf. Von 1973 bis 1979 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität München, anschließend als Professor für Soziologie an den Universitäten Münster und Bamberg. 1992 kehrte er nach München zurück, wo er auch nach seiner Emeritierung 2009 wohnen blieb.

Als Gastprofessor lehrte er von 1995 bis 1998 in Cardiff (Wales) und ab 1997 an der London School of Economics and Political Science (LSE). 2011 wurde er Professor der Pariser Wissenschaftsstiftung Fondation Maison des Sciences de l'Homme (FMSH).