Madrid. "Tausende junge Leute sind tot. Riskiere nicht Dein Leben für nichts und wieder nichts. Du bist die Zukunft Afrikas." Mit diesen Worten appelliert der populäre senegalesische Sänger Youssou N’Dour im staatlichen Fernsehen seiner Heimat an die Landsleute, sich nicht auf die gefährliche Überfahrt zu machen. In dem Video sieht man N’Dour am Strand Senegals sitzen. Einsam und traurig. Auf einem jener Fischerboote, mit denen Wirtschaftsflüchtlinge üblicherweise Richtung Europa, Richtung Kanarische Inseln, ablegen.
EU-Grenzschützer schickten in diesem Jahr 8000 Flüchtlinge zurück
Der Fernsehspot im senegalesischen TV, der von Spaniens Regierung bezahlt wurde, zeigt dazu dramatische Bilder: Tote, die an die spanische Küste gespült wurden. Zerschmetterte Holzboote, deren Trümmer von den Wellen auf die Felsen geworfen wurden. Weinende junge Afrikaner, die es zwar bis auf die Kanaren geschafft haben, aber auf der waghalsigen tagelangen Atlantik-Überfahrt ihre Brüder und Freunde verloren haben. Verzweifelte Mütter in Senegal, die um ihre im Atlantik versunkenen Söhne trauern. Die ankommenden Bootsflüchtlinge seien wie nie zuvor "hungrig, durstig und ausgekühlt", bilanziert besorgt Austin Taylor, Rot-Kreuz-Sprecher auf Teneriffa, die sich zuspitzende Situation. Zwar ging die Zahl der auf den Kanaren landenden Flüchtlinge im Jahr 2007 auf etwa 12000 zurück, im Jahr 2006 waren es noch 31000. Doch das heißt nicht unbedingt, dass an der westafrikanischen Küste auch weniger losfahren. Die europäische Grenzschutzagentur Frontex, die vor Westafrikas Küste patrouilliert, hat dem Vernehmen nach von Januar bis Dezember mehr als 8000 Flüchtlinge abgefangen und zurückgeschickt. Schätzungen zufolge ertrinken bis zu 50 Prozent jener Migranten, die in Mauretanien, Senegal oder Gambia in See stechen, irgendwo auf dem Weg nach Europa. Hilfsorganisationen beobachten, dass jene Menschenmafia, welche die Bootstransporte nach Europa organisiert, die Migranten oft bewusst in den Tod schicken. Statt Benzin werde den Bootsinsassen, die für die Fahrt zwischen 500 und 1000 Euro hinblättern müssen, Wasser in die Kanister gefüllt. Auch Nahrungsmittel und Trinkwasser würden oft viel zu knapp bemessen. Doch auch die zunehmend engmaschigere Absicherung der Wassergrenzen durch die Frontex-Mission provoziere neue Gefahren.
Afrikaner treiben immer weiter aufs offene Meer hinaus
"Je mehr Barrieren aufgebaut werden, um so größer wird das Risiko" warnt Gerardo Mesa, Rot-Kreuz-Chef auf der Kanareninsel Fuerteventura. "Um den Kontrollen auszuweichen, müssen die Emigranten immer längere Reisen auf sich nehmen." Sie verlassen den Schutz der Küste, fahren immer weiter aufs offene Meer hinaus. So wie der Senegalese Leidi Fall, der jüngst einen dieser wackeligen Kähne mit 60Insassen nach Teneriffa steuern wollte. Erst ging ihm das Benzin aus, dann das Essen. Als Tage später ein Fischkutter das Boot sichtete, waren alle Insassen tot - nur Steuermann Leidi überlebte.