Textilgroßhandel: Chinesen verramschen Trends
In den Neusser Modezentren gibt es Ärger wegen Fälschungen und fehlender Rechnungen. Im Modezentrum Euromoda hat die Polizei über 10 000 Schuhe und hunderte von Schals beschlagnahmt.
<strong>Neuss. Taschen im Look der Trend-Marke Marc Jacobs, Jeans mit Strass wie bei Victoria Beckham, dazu ein breiter Pashmina-Schal - bei chinesischen Mode-Großhändlern in Neuss gibt es das alles für ein paar Euro. Verkauft wird munter an jedermann: Rechnung und Mehrwertsteuer exklusive, Fälschung inklusive. Bei Schnäppchenjägern der Region hat der heiße Tipp längst die Runde gemacht. Jetzt hat die Polizei im Modezentrum Euromoda zugeschlagen, mehr als zehntausend Schuhe und hunderte von Schals wurden beschlagnahmt. Eigentlich sind die Modezentren am Rhein Einzelhändlern vorbehalten, die über eine Verbandslegitimation verfügen. Doch die Kontrollen sind in einigen Häusern äußerst lasch, oder erst gar nicht vorhanden. Diese Erfahrung bestätigte ein Testkauf. Ein Redaktions-Kollege orderte in einem China-Lager anstandslos zehn Damenwäscheteile - ohne Händlerausweis oder Rechnung, dafür in bar.
"Hier kann doch jeder bald Tag und Nacht einkaufen", schimpft ein seriöser deutscher Großhändler. Hätte die Polizei einmal Fälschungen sichergestellt, würden die gleichen Artikel einen Tag später wieder in riesigen Mengen an Flohmarkthändler oder Billig-Shops verkauft.
Für Neuss sind die Chinesen das, was die Japaner für Düsseldorf sind. Es gibt eine enge Kooperation mit der Stadt Ruian südlich von Schanghai, aus der die meisten der mehr als 120 Firmen in den Handelszentren Euromoda, Imotex, Haus Paris und Haus Milano stammen und dort Mode, Schmuck, Taschen, Schuhe und Geschenkartikel anbieten.
Herkunft: Viele Produkte der China-Händler tragen den Stempel "Made in Italy". Ein Insider: Einige italienische Dörfer sind fest in chinesischer Hand. Dort werden die Sachen ("Gucci für Arme") unter unsäglichen Bedingungen von Arbeitern aus Fernost gefertigt.