Thema 2007 - Kirche: Sie wissen genau, was sie sagen
Kardinal Meisner und Bischof Mixa provozieren, um zu missionieren. Das Fatale: Ihre Außenseiter-Meinungen dominieren das Bild der katholischen Kirche insgesamt.
Köln/Regensburg. Medienmäßig war 2007 für die katholische Kirche in Deutschland ein sehr durchwachsenes Jahr. Es gab etliche große Beiträge und Berichte - leider indes mit überwiegend negativen Bewertungen. Bischof Mixas "Gebärmaschinen", Kardinal Meisners Auslassungen über Kunst, die "entartet" sei, und der Skandal um Kindesmissbrauch im Bistum Regensburg samt der unglücklichen Rolle des Bischofs Müller: Viel schlechter hätte es nicht laufen können.
Es gibt genügend Indizien, dass Meisner und Mixa genau bewusst war, was sie da gesagt und losgetreten haben. Beide gerieren sich gerne als Hüter der katholischen Wahrheit - getreu dem frühmittelalterlichen Motto von Papst Gregor VII.: "Besser es gibt Skandal, als dass die Wahrheit zu kurz kommt." Heute steht dahinter die Medien-Strategie: Nur radikale Schärfe wird gehört, mit Differenzierungen dringt man nicht mehr durch.
Dabei könnte man mit Fug und Recht mit Mixa gegen eine Kinderpolitik sein, die das Ökonomische, nämlich die möglichst reibungslose Rückkehr von Müttern in die Wirtschaft, vor die Kinderbetreuung setzt. Kurz nach seinem Frauen-als-Gebärmaschinen-Postulat und einem Auftritt bei Christiansen begründete Mixa gegenüber Journalisten seine drastische Ausdrucksweise: "Hätte ich einfach nur gesagt, die Krippenpolitik der Bundesregierung ist nicht familienfreundlich - keiner von Euch hätte Notiz genommen."
Und Kardinal Meisner sagte, nachdem er 1998 eine Abtreibungspille indirekt mit dem Nazi-Mordgift Zyklon B verglichen und natürlich einen Sturm der Empörung ausgelöst hatte: "Manchmal muss man deutlich werden, wenn man sich um der Botschaft willen Gehör verschaffen will."
Provozieren, um zu missionieren - sollte das die Losung Meisners sein, so ist sie allerdings gründlich in die Hose gegangen. Medial und real, wie allein die weiterhin hohen Austrittszahlen von Katholiken im Erzbistum Köln erweisen.
In jenen Erklärungsnotstand bugsierte der Vatikan im Juli die Gemeinden auch mit seiner neuerlichen Brüskierung der evangelischen Kirche. Die "Antworten bezüglich der Lehre über die Kirche" wiederholten im Grunde nur Altbekanntes, so den Hinweis, die Kirchen der Reformation seien keine Kirchen im eigentlichen Sinn. Ein unnötiger Schlag ins Gesicht der Ökumene, die doch in Wahrheit vor Ort immer selbstverständlicher und herzlicher praktiziert wird.
Buch Eine fundierte, kritische und gut lesbare Bestandsaufnahme über die katholische Kirche hat 2006 Matthias Drobinski vorgelegt: "Oh Gott, die Kirche. Versuch über das katholische Deutschland." Patmos Verlag, 180 Seiten, 18 Euro