Thüringen: Riesiges Erdloch sorgt für Angst und Schrecken

Riesenschreck in Thüringen: Mitten zwischen Wohnhäusern tut sich in Schmalkalden die Erde auf und verschluckt ein Auto. 26 Menschen müssen ihre Häuser räumen. Aber sie haben mit viel Glück überlebt.

Schmalkalden. Der Schrecken kommt in der Nacht: Anwohnerhören ein Rasseln und ein lautes, strömendes Geräusch, als ob mehrereKieslaster ihre Ladung abkippen. „Wir wurden zu einem Loch in derStraße mit Wasserrohrbruch gerufen. Mit solch einem Ausmaß hat keinergerechnet“, sagt Marco Gröger von der Freiwilligen Feuerwehr. Erblickt auf ein riesiges Erdloch, das sich am frühen Montagmorgenmitten in einer Wohnsiedlung im südthüringischen Schmalkaldenaufgetan hat.Und das Loch wächst zunächst weiter: Immer wieder bricht der Krater an den Rändern nach, durchziehen neue Risse Straße und Hauswände.

„Wir wissen nicht, wann ein Ende abzusehen ist“, sorgt sich der Feuerwehrmann noch am Mittag. Geologen befürchten, dass auch in den nächsten Tagen Erde wegbrechen wird. „So etwas hat hier keiner erwartet“, sagt Roland Stark, dessenGarage direkt an dem Erdloch steht. Er ringt auch Stunden nach demUnglück um Fassung. Seit 20 Jahren wohnt er in der Hangsiedlung inder schmucken Fachwerkstadt im Südwesten des Thüringer Waldes. DieStraße vor der Garage sei frisch geteert worden, sagt Stark.

Nochwissen er und seine Frau nicht, wann sie wieder in ihr Heimzurückkehren können. „Wir haben gedacht, wir sind hier auf dem Hangsicher. Wir hoffen, dass sich alles zum Guten wendet.“ Einige der 25 Menschen, die ihre Häuser verlassen mussten, kamenbei Verwandten und Bekannten unter. Manche standen unter Schock undwurden von Seelsorgern in einem Zelt nahe der Unglücksstelle betreut.Insgesamt neun Häuser musste die Polizei evakuieren. Wann und ob dieBewohner zurückkehren können, vermag derzeit niemand zu sagen.

Eine Frau wischt sich Tränen aus dem Gesicht. Ein Beamter erklärtihr behutsam, dass sie nicht nach Hause kann. Zu groß ist die Gefahr.Die Polizei sperrt nach und nach immer weiträumiger ab. EinHubschrauber kreist mit einer Wärmebildkamera über dem Krater. Matthias Heinemann blickt von seinem Garten auf das nahe Erdloch.„Ich bin von den Motorengeräuschen und den Blaulichtern wachgeworden.“ Seine Sorgen sind groß: „Das ist pures Entsetzen, mit soeinem Loch vor der Tür bekommt man schon Existenzängste.“

„Den Leuten sitzt der Schreck in den Gliedern, aber sie sinderstaunlich gefasst“, sagt der parteilose Bürgermeister des rund20 400 Einwohner zählenden Ortes, Thomas Kaminski. Die Stadt hatFerienwohnungen vermittelt, für diejenigen, die ohne Unterkunftdastehen. „Die Dimensionen dieses Unglücks hat jegliche Vorstellungenin Schmalkalden überstiegen.“Für viele ist das Unglück ein Rätsel. „Wir sind kein Bergbaugebiet“, sagt Kaminski.

Geologen gehen inzwischen von einer natürliche Ursache aus, wissen aber noch nicht, worauf der Krater tatsächlich zurückzuführen ist. Dennoch machen in der Stadt Berichte über unterirdische Luftschutzbunker und einen einstigen Bombentrichter in der Gegend die Runde. Wahrscheinlich mehr als 20 000 Kubikmeter Erde sind verschwunden.

„Das ist katastrophal und sieht böse aus. Das gab es in dieserGrößenordnung noch nicht in Thüringen“, sagt LandesumweltministerJürgen Reinholz (CDU). Er hat die Stabilisierung des Loches zurobersten Priorität erklärt. Mit dem Füllen des Kraters kannfrühestens Dienstagmorgen begonnen werden. Der CDU-Landrat desKreises Schmalkalden-Meiningen, Ralf Luther, ist bei allem Schreckenaber auch erleichtert darüber, dass es keine Verletzten oder gar Totegab: „Da war viel Glück im Unglück dabei.“