Tod am verfluchten Berg
Mindestens neun Bergsteiger werden beim Aufstieg auf den Col du Maudit von einer Lawine begraben — auch drei Deutsche sterben.
Chamonix. Col du Maudit heißt die Bergspitze — der verfluchte Berg. Mindestens neun Alpinisten sterben, als eine Lawine im Montblanc-Massiv in die Tiefe stürzt. Unter den Toten sind drei Deutsche.
Auch ein Schweizer, drei Briten und zwei Spanier kommen ums Leben. Sie gehörten zu einer internationalen Seilschaft, die Stunden zuvor auf 3600 Metern in einer Schutzhütte, der Refuge des Cosmiques, übernachtet hatte. Ihr Tod ist eins der schwersten Unglücke in den französischen Alpen überhaupt.
Im Wetterbericht hatte es nach ersten Erkenntnissen keine Informationen gegeben, die gegen ihr eisiges Abenteuer sprachen. Starker Wind habe zwar über das Gebiet gefegt, berichtete später der Wetterdienst Météo France. Und der Nachrichtensender France Info meldete, dass es in den vergangenen Wochen viel geschneit habe. Höhere Temperaturen und die Windböen sollen die Stabilität der Schneedecke zudem gefährdet haben.
Noch in der Nacht schnürten die Alpinisten gegen 1.30 Uhr ihre Stiefel und teilten sich in zwei Seilschaften auf. Sie wählten einen der beliebtesten Wege zum Gipfel. Die „Drei-Berge-Route“, so heißt sie unter Bergsteigern. Diese führt vom Montblanc du Tacul und dem Maudit zum hohen „Alpenriesen“ Montblanc. Als Krönung der Etappe lockte die Spitze des „weißen Bergs“ und ein Panorama-Blick. Doch es kam anders. Am Morgen brachen Schnee und Eis unterhalb des 4465 Meter hohen Maudit-Gipfels über die Alpinisten herein.
Auslöser war nach Angaben des Präfekten Philippe de Rumigny wohl eine etwa 40 Zentimeter dicke Eisplatte. Womöglich habe sie einer der Alpinisten an der steilen Nordseite der Maudit-Spitze losgetreten und so das verhängnisvolle Unglück ausgelöst.
Der Notruf eines Überlebenden löste gegen 5.25 Uhr internationalen Großalarm aus. Ein Argentinier — dessen Name offiziell nur mit Octavio angegeben wurde — war in den frühen Morgenstunden noch vor den Männern von der Bergwacht an Ort und Stelle. „Die Helikopter rückten sehr schnell an, aber das reichte nicht aus. Es wehte sehr stark und war sehr kalt“, sagte der Augenzeuge dem Radiosender France Info, und fügte hinzu: „Es ist ein Desaster.“
Frankreichs Innenminister Manuel Valls betonte am Nachmittag, er habe beim Überfliegen des Unglücksorts „spektakuläre“ Eisbrocken und dicke Schneemassen gesehen. Die Sucharbeiten seien sehr schwierig. „Es gab zweifellos Wind, aber es ist schwierig, alles vorherzusehen. Wir warten die Ergebnisse der Untersuchung ab“, sagte er.
Auch der Bürgermeister von Chamonix und der Deutsche Alpenverein (DAV) schlossen nicht aus, dass sich lösendes Eis die Bergkatastrophe verursacht haben könnte. Das Wetter in der Region wechsele ständig. Selbst beim Aufbruch von der Berghütte sei es häufig nicht möglich, das Wetter unterwegs vollständig vorherzusehen, sagte ein Sprecher des DAV. „Lawinen und Eis reagieren nun einmal nicht nach der Uhrzeit des Menschen.“