Trauernde weinen um „Costa“-Opfer
Giglio (dpa) - Trauer und Tränen auf Giglio: Ein Jahr nach dem Kentern der „Costa Concordia“ haben Angehörige der 32 Toten an die Katastrophe vor der italienischen Insel erinnert. Sie beteten bei einem Gottesdienst für die Opfer.
Einige weinten während der Feierlichkeiten. „Gib den Opfern, die ihr Leben verloren haben, Frieden“, hieß es in den Fürbitten. Auch die heftigen Vorwürfe gegen Kapitän Francesco Schettino wurden ein Jahr nach der Unglücksnacht wieder laut. Vor der Insel ragt noch immer der 290-Meter-Koloss aus dem Wasser. Die Bergung soll teurer werden als zunächst erwartet.
Die Öffentlichkeit war von der Messe in der Kirche Santi Lorenzo e Mamiliano ausgeschlossen. Die Feier wurde aber auf eine große Leinwand im Hafen übertragen. Bischof Guglielmo Borghetti dankte den Bewohnern von Giglio, die in der Unglücksnacht zum Hafen geeilt waren, um den mehr als 4000 Schiffbrüchigen zu helfen. In der Kirche hatten damals viele von ihnen Zuflucht gefunden.
Auf der Insel versammelten sich auch Überlebende der Katastrophe. „Es ist gut hier zu sein“, sagte die Französin Anne Marie Royer der Nachrichtenagentur dpa. „Wir sind gekommen, damit der Kreis sich schließt.“ Eine Freundin, die ebenfalls an Bord war, könne seit der Katastrophe nicht mehr arbeiten, sagte die 49-Jährige. „Sie schafft es psychisch nicht.“ Ein weitere französische Passagierin sagte, die Reederei habe die Überlebenden aufgefordert, nicht zum Jahrestag nach Giglio zu kommen. Der Gedenktag solle den Angehörigen der 32 Menschen vorbehalten sein, die bei der Havarie ums Leben kamen. Unter den Toten waren auch zwölf Deutsche.
„Die Verantwortlichen werden streng bestraft werden“, versprach der italienische Umweltminister, Corrado Clini, der zum Jahrestag nach Giglio gekommen war. „Dieses Unglück lehrt uns, dass Oberflächlichkeit und Inkompetenz manchmal unterschätzt werden - dabei sind das zwei sehr schlimme Risiken.“
Dem Kapitän der „Concordia“, Francesco Schettino, wird vorgeworfen, zu nah an die Küste herangefahren zu sein. Zudem hatte er sein Schiff mitten in der Evakuierung verlassen. Wann es zum spektakulären Prozess kommt, ist noch unklar. Klar ist allerdings, dass Schettino im Zentrum des Mammutverfahren stehen dürfte.
Am Sonntagvormittag brachten der Bürgermeister von Giglio, Vertreter der Reederei Costa Crociere und Angehörige ein seinerzeit abgebrochenes Felsstück auf einem Schiff zu dem Le Scole-Riff vor der Küste. Am Abend des 13. Januar 2012 hatte das Kreuzfahrtschiff das Riff gerammt und den Steinbrocken herausgerissen.
Am Sonntag wurden auch Gedenktafeln enthüllt. Zudem sollte ein klassisches Konzert aufgeführt werden. Die Feierlichkeiten enden am späten Abend - zu dem Zeitpunkt, als die „Costa“ vor einem Jahr den Felsen rammte. Nach einer Schweigeminute sollen um 21.45 Uhr Sirenen im Hafen heulen. Die dramatischen Bilder dieses „schrecklichen Zwischenfalls“ seien in den Gedanken des Landes immer noch lebendig, erklärte der italienische Präsident Giorgio Napolitano.
Das Schiffswrack ragt am Unglücksort weiterhin wie ein Mahnmal aus dem Meer. Die Bergung dauert länger und wird deutlich teurer als ursprünglich angenommen. Die Reederei Costa Crociere rechnet nun mit Bergungskosten von rund 400 Millionen Dollar (etwa 305 Millionen Euro) - das sind 100 Millionen Dollar mehr als erwartet. Auf einen Termin für das Abschleppen des Wracks vor Giglio wollte sich die Reederei am Samstag bei einer Pressekonferenz nicht festlegen. Man rechne aber mit einer Bergung noch vor Ende des Sommers.