„(un)möglich!“: Zwischen Fiktion und Realität
Herford (dpa) - „Neues Museum Herford“ steht auf dem riesigen Baustellenschild gegenüber vom Marta.
Und manch ein Passant mag tatsächlich vor seinem inneren Auge bereits einen weiteren Musentempel sehen in der Baulücke, in der das Schild prangt - ob nun aus der Sicht eines Kunstfreundes als Wunschbild oder aus der Perspektive eines besorgten Steuerzahlers als ärgerliches Prestigeobjekt.
Das Schild samt der dadurch ausgelösten Vorstellung und Diskussion gehören zur Ausstellung „(un)möglich! Künstler als Architekten“ (21.02.-31.05.) - einer Architekturschau zwischen Möglichem und Unmöglichem, Fiktion, Utopie und Realität.
165 Werke von so namhaften zeitgenössischen Künstlern wie Gregor Schneider und Thomas Schütte haben die Herforder Ausstellungsmacher vereint. Schütte ist vertreten mit dem Modell einer Siedlung von kleinen, aus seriellen Industriemodulen individuell gestalteten Wohnhäusern, die eher inspiriertes Gedankenspiel sind als zu realisierende Entwürfe. Präsentiert wird aber auch das Modell der Ausstellungshalle, die derzeit nach seinen Ideen auf der Raketenstation Hombroich in Neuss errichtet wird.
Ähnliche Spielräume öffnet auch Schneider, der das „Total isolierte Gästezimmer“ aus dem „Haus ur“ ins MARTa eingebaut hat: eine klaustrophobische fensterlose Kammer auf fünfeinhalb Quadratmetern Grundfläche. Als ironischer Kommentar zur Tierhaltung zwischen Kinderersatz in westlichen Ländern und Speise-Zutat in Korea ist die „utopische Hundehütte“ des Ateliers van Lieshout zu verstehen, in der neben Veranda und Inneneinrichtung auch eine Metzgerei vorgesehen ist.
Zahlreiche Exponate sind eigens für die Ausstellung entstanden und beeindrucken schon allein durch ihre Dimensionen: So hat der koreanische Künstler Dai Goang Chen ein sechs Meter hohes Objekt aus Styroporplatten errichtet. Es erinnert an einen Eisberg und darf von außen betrachtet getrost als Skulptur interpretiert werden. Durch einen schmalen Gang können die Ausstellungsbesucher aber auch das Innere erkunden, das sich als höhlenartiger Raum entpuppt.
Christine Rusche hat eine ganze Hallenwand bis in 7,80 Metern Höhe mit schwarz-weißer Architekturmalerei überzogen, deren scheinbar exakte Strukturen bei näherem Hinsehen fragwürdig erscheinen. „Alles wirkt auf den ersten Blick sehr symmetrisch - das ist es aber nicht. Und längst nicht jede Linie ist so gerade wie sie aussieht. Dadurch werden ein Vibrieren und eine Dynamik spürbar“, erklärt die in Berlin lebende Künstlerin.
In vielen Modellen, Zeichnungen oder am Computer generierten Fotografien werden auf solche Weise vertraute Raumkonzepte durchbrochen und in Frage gestellt - ohne dass die Sorge um die Realisierbarkeit scheinbar notwendige Wege vorgibt. Und so wird die Ausstellung zu genau jenem weiten Feld, das Kunst eröffnen kann, um frei von Sachzwängen auszuloten, was unmöglich ist - oder vielleicht eben doch möglich.