„USA werden Klimaschutz nicht blockieren“
Umwelt: Nach Auffassung des Wuppertal Instituts gerät Präsident Bush zunehmend unter Druck.
Wuppertal. "Wir haben das Maximum des Möglichen erreicht, aber zum Abbremsen des Klimawandels hätten wir mehr schaffen müssen." Professor Peter Hennicke, Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie, fällt es nicht leicht, die Klimabeschlüsse von Bali eindeutig der Kategorie Erfolg oder Misserfolg zuzuordnen: "Politisch gesehen war nicht mehr erreichbar. Gemessen an den Notwendigkeiten, geht der ganze Prozess viel zu langsam voran."
Mit vier Experten war das Wuppertal Institut in der deutschen Bali-Delegation um Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) vertreten. Am Dienstag war Gabriel in Wuppertal zu Besuch, um noch einmal Bilanz zu ziehen und die Einschätzung des Wuppertal Instituts zu hören. Die wirklich entscheidenden Beschlüsse zur Klimapolitik, da sind sich Sigmar Gabriel und Peter Hennicke einig, müssen in den kommenden zwei Jahren fallen.
Bis Ende 2009 muss das Kyoto-Nachfolgeprotokoll in trockenen Tüchern sein. Das Vertragswerk, welches die 2012 auslaufenden Kyoto-Beschlüsse von 1997 ablösen soll, muss vor allem eines beinhalten: feste Vereinbarungen, wie stark welche Länder ihre CO2-Emissionen innerhalb eines bestimmten Zeitraums reduzieren wollen. Diese Ziele müssen schon 2009 feststehen, damit alle Unterzeichner genug Zeit haben, die Beschlüsse in ihren Parlamenten ratifizieren zu lassen.
Es gibt nur wenige Staaten, die sich konkreten Klimabeschlüssen noch immer verweigern. Neben Saudi-Arabien, Kanada und Russland sind das vor allem die USA, die für den weltweit größten Ausstoß von Treibhausgasen verantwortlich sind. Sollten die USA nicht mitziehen, würden jegliche Klimabeschlüsse wenig Sinn machen. Doch Peter Hennicke glaubt nicht, dass die USA den Bali-Prozess blockieren werden: "Ich rechne mit einer Hinhalte-Taktik - nicht mit einer Blockade." Mehrere US-Bundesstaaten, viele Städte, ja sogar große Teile der Republikaner und eine Reihe von großen Unternehmen werben mittlerweile ganz offen für effektiven Klimaschutz. Die Bush-Regierung - in vielen Schlüsselpositionen eng verwoben mit der Ölindustrie - steht unter großem Druck.
Auch die Bewerber für die Präsidentschaftswahl Ende des Jahres 2008 geben Anlass zur Hoffnung. "Es gibt keinen aussichtsreichen Kandidaten, weder bei den Demokraten noch bei den Republikanern, der die Notwendigkeit einer ehrgeizigeren Klimapolitik heute noch bestreitet", betont Hennicke.
Die in den Fußnoten festgehaltenen Reduktionsziele für Industrieländer von bis zu minus 40Prozent bis 2020 können den Klimawandel allein noch nicht verhindern. "Um Risiken für die globalen Ökosysteme und Millionen Menschen auszuschließen, darf die globale Durchschnittstemperatur nicht über zwei Grad steigen. Nach meiner Einschätzung wird es sehr schwer, dieses Ziel noch zu erreichen", sagt Hennicke. Dafür müssten nämlich die CO2-Emissionen in den kommenden 40Jahren um mindestens 50 bis 70 Prozent sinken - und zwar weltweit. "Das würde ab sofort mutige Veränderungen in unserer Wirtschaftsweise erforderlich machen", so Hennicke.
Trotzdem dürfe man nicht resignieren: "Selbst wenn wir das Zwei-Grad-Ziel nicht schaffen: Jede weitere Erwärmung, die wir darüber hinaus verhindern können, verringert die Risiken des Klimawandels und rettet womöglich den Lebensraum für Millionen Menschen."