Vom kleinen Fisch zum Kult-Star
Mit dem Internet-Video „Kleiner Hai“ wurde die Studentin Alexandra Müller schlagartig berühmt. Ihr schräger Song hat mittlerweile Millionen Fans.
Düsseldorf. Lässig fläzt sich die junge Frau mit dem blauen Pulli, der Audrey-Toutou-Frisur und der Hornbrille im Sessel. Sie formt Daumen und Zeigefinger ihrer Rechten zum "L", hebt dann zu einem blechernen Stakkato-Sprechgesang an: "Baby-Hai, dim dim didim didimm..." So beginnt der bizarre Internet-Clip "Kleiner Hai". Knapp zwei Minuten dauert er. Zwei Minuten, die das Leben von Alexandra Müller (25) verändert haben.
"Das war überhaupt nicht geplant", versichert die Studentin heute - gut anderthalb Jahre, nachdem sie den Film aus einer Silvester-Laune heraus ins Internet-Portal "Youtube" gestellt hat.
Die Jux-Version eines Kinder-Singspiels um einen heranwachsenden Baby-Hai ist mit über sechs Millionen Klicks eines der meistbeachteten Internet-Videos überhaupt - und Kult vor allem bei Leuten zwischen zehn und 20 Jahren. Alexandra Müller alias "Alemuel" hat es einen Plattenvertrag, TV-Auftritte, unzählige Interview-Anfragen und sackweise Fanpost eingebracht.
Ein Erfolg, den sich Müller selbst kaum erklären kann. "Ich kann gar nicht singen, das weiß ich", sagt die Studentin. "Ich habe nicht das Gefühl, was geleistet zu haben." Dass dies im Musikgeschäft nicht stört, haben Vorbilder wie "Schnappi" oder "Grup Tekkan" ("Sonnenlischt") vorgemacht.
Auch auf sie stürzte sich die Musikindustrie erst, nachdem sie mit selbstgestrickten Videos eine große Internet-Gemeinde begeistert hatten. Nach kurzem Hype verschwanden sie zwar wieder im Nichts der Anonymität - doch die Plattenbosse konnten zuvor an ihnen tausende Euro verdienen.
Auch Alexandra Müller weiß, dass der aktuelle Wirbel um den "Kleinen Hai" schnell einschlafen dürfte - und wirkt fast froh: "Es ist schon surreal, dass mich plötzlich 13-jährige Mädchen auf der Straße ansprechen." Zwar genießt sie es, ihren Song vor tausenden Zuschauern in Shows und in Diskos aufzuführen.
Doch das sei halt mehr Theater als Musik, sagt Müller, die früher Schauspielerin werden wollte. Alemuel - nur eine Rolle. Mit Alexandra Müller verwechseln sollte man sie nicht.
Deswegen ließ sie nach dem Platten-Vertrag zunächst verbreiten, Alemuel sei eigentlich erst 18. "Ich wollte mein Privatleben aus der Öffentlichkeit raushalten." Als die Finte aufflog, herrschte Aufruhr auf dem Boulevard. "Bild" schrieb, Müller habe Alemuel erfunden, um Internet-Schmähungen wegen ihrer flachen Brüste besser zu verkraften.
"Das hatte ich so nie gesagt", versichert Müller - und fährt ironisch fort: "Aber als meine Brüste in der Bild standen, wusste ich: Jetzt bin ich Teil des Showbiz."
Noch hält der Erfolg an, noch steigt ihr Song in den Charts (derzeit Platz 25). Und wenn alles vorbei ist? Dann legt Alexandra die Alemuel-Rolle ab - und wendet sich wieder dem Studium in Hildesheim zu. Allerdings etwas wohlhabender als früher: "Kellnern gehen muss ich diesen Sommer auf jeden Fall nicht mehr."