WZ-Interview: Warum Stefan Gwildis dem Boxer Muhammad Ali ein Lied widmet

Stefan Gwildis ist ein oft melancholischer Sänger und Komponist. Was Haltung betrifft, bewundert er die Boxlegende.

WZ: Herr Gwildis, Sie haben binnen kurzer Zeit Ihren Vater verloren und sind gleichzeitig Vater geworden. Wie hat Sie das verändert?

Gwildis: Das war ein sehr interessanter Punkt in meinem Leben. Ich bin ja gerade 50 geworden und stehe so genau zwischen dem Willkommenheißen und dem Abschiednehmen. Das war für mich ein Zeitpunkt, um Bilanz zu ziehen und innezuhalten. Davon handelt auch der Titelsong meines neuen Albums "Wünscht Du wärst hier". Der Schmerz nach dem Tod meines Vaters war groß, wir haben viele Kämpfe ausgefochten und gleichzeitig viele gute Tage miteinander gehabt. Mit 82 Jahren zu gehen, ist aber in Ordnung.

Gwildis: In der Situation zwischen Geburt und Tod einmal mehr. Ich habe mit Demut und Erstaunen erlebt, wie mein Sohn zur Welt gekommen ist, und musste gleichzeitig von meinem Vater Abschied nehmen. Die Sehnsucht, ihn einmal wieder in den Arm zu nehmen, trage ich noch immer in mir.

Gwildis: Ich finde es absolut in Ordnung, wenn ein Rocksänger auch mit 80 noch auf der Bühne steht. Nur sollte er dann nicht versuchen, den jungen Hüpfer zu geben. Aber es stimmt sicherlich, dass der Soul eine musikalische Gangart ist, mit der man eher in Würde alt werden kann. Mich stört es allerdings sehr, wenn man dem Alter nur bestimmte Genres zuordnet. Mein Vater hat sich immer geärgert, wenn für alte Leute nur Schlager gespielt wurden.

Gwildis: Muhammad Ali ist für mich ein Mensch, der sich durchgekämpft hat und der zu dem, was er gedacht und gefühlt hat, auch stand. Das galt zum Beispiel für seine Haltung zum Vietnam-Krieg. Mir ist es wichtig, dass hinter dem, was man tut, auch ein Inhalt steht. Insofern war Muhammad Ali ein Vorbild.

Gwildis: Ich sehe mich bewusst als Teil dieser Gesellschaft und möchte die Dinge, die ich als Musiker mit meiner Karriere geschenkt bekommen habe, an andere Menschen weitergeben. Deshalb setze ich mich beim Weißen Ring dafür ein, dass Menschen nicht zu Opfern oder Tätern bei Verbrechen werden. Was die Prävention angeht, engagiere ich mich im Hamburger Stadtteil Horn in einer Gesamtschule, wo ich eine Musikgruppe organisiert habe. Ich möchte für diesen vergessenen und vernachlässigten Stadtteil etwas tun.

Gwildis: Ich fühle mich hier sehr stark verwurzelt, das gilt insbesondere für den Hafen. Mein Großvater war dort Getreidekontrolleur, und meine Oma hatte eine Kneipe. Ich selbst habe als Hafenarbeiter mit der Sackkarre mein Geld verdient. Das ist ein Ort, an dem ich mich zu Hause fühle und nach dem ich auch schon mal Heimweh habe.