37 000 Euro — nur für die Pflege
Eine aktuelle Studie zeigt, dass das Ersparte für ein Leben im Alter kaum reicht. Zusatzversicherungen helfen aber nicht den Geringerverdienern.
Berlin. Pflege kann arm machen. Der neue Pflegereport der Krankenkasse Barmer GEK belegt dies mit nüchternen Zahlen. Ein Zehntel der Menschen muss von Beginn der Pflegebedürftigkeit bis zum Tod 99 000 Euro aus eigener Tasche zahlen — im Schnitt ist es mit 37 000 Euro spürbar weniger, in den Spitzen mit mehr als 300 000 Euro aber weit mehr. Die Pflegeversicherung zahlt weniger als die Hälfte der Gesamtkosten.
Bei Frauen fällt wegen meist längerer Pflege mehr an als bei Männern. Ist das Ersparte aufgebraucht, sind zunächst die engsten Angehörigen gefordert und dann ist es der Staat in Form der Sozialhilfe. So weit, so klar — und so beängstigend für viele, die pflegebedürftig werden.
Als die Pflegeversicherung 1994 beschlossen wurde, war dies der Schlusspunkt eines langen politischen Gezerres und zugleich der Ausgangspunkt für viele weitere Reformforderungen. 2008 trat unter der damaligen Ministerin Ulla Schmidt (SPD) die erste Pflegereform in Kraft. Eine umfassende Absicherung brachte sie nicht. Die Beiträge stiegen etwas, die Leistungen auch, Prüfungen in Heimen sollten Missständen Einhalt gebieten.
Anfang 2013 tritt wieder eine Reform in Kraft, doch auch FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) springt aus Sicht seiner Kritiker viel zu kurz. Die Leistungen werden wieder etwas angehoben, vor allem für Demenzkranke.
Und auch gegen die finanziellen Risiken wird eine Idee umgesetzt — der „Pflege-Bahr“. Der Abschluss privater Zusatzversicherungen für den Pflegefall wird steuerlich gefördert. Zahlt ein Versicherter dafür mindestens zehn Euro monatlich, bekommt er fünf Euro vom Staat.
Barmer-GEK-Vize Rolf-Ulrich Schlenker versucht, dem Vorstoß Positives abzugewinnen. „Ich finde ihn durchaus spannend“, sagt er.
„Er wird aber wohl auf tönernen Füßen stehen.“ Ausgerechnet für Geringverdiener gebe es zu wenig Anreize zur Privatvorsorge. 60 Euro Förderung vom Staat pro Jahr seien lächerlich wenig. Und im Detail, findet Studienautor Heinz Rothgang, sei das Versicherungsmodell unausgegoren.
Da scheint es gut zu passen, dass die Gewerkschaft Verdi erst Mitte des Monats eine Alternative vorgeschlagen hat — eine Vollversicherung für die Pflege ähnlich wie bei den Krankenkassen.
Während Schwarz-Gelb den Pflegebeitrag zum kommenden Jahr von 1,95 auf 2,05 Prozent steigen lässt, ist nach Berechnungen im Auftrag von Verdi eine Vollversicherung bereits für 3,25 Prozent zu haben. Bei einem Durchschnittseinkommen von 2500 Euro würden Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil damit von derzeit 24 auf dann 40 Euro steigen.