Abschied von der Almosen-Politik

Die Kanzlerin will in Kenia vor allem mit Investitionen helfen.

Nairobi. Ein Bus vor dem Tor zum schneeweißen Präsidentenpalast in Nairobi fällt aus der Reihe der schwarzen Limousinen. Kurz vor dem Eintreffen der Bundeskanzlerin gestern Morgen geht der Schlagbaum für einen vergitterten Transporter auf — ein Fahrzeug der kenianischen Gefängnisbehörde. Häftlinge werden auf das herrlich blühende Gartengelände von Präsident Mwai Kibaki gebracht, um die Anlage zu bewässern. Andere Helfer nageln noch den roten Teppich für Angela Merkel auf den Asphalt. Ein kenianischer Fernsehreporter wertet ihren Besuch als Vertrauen Deutschlands in sein Land.

Wenig später zieht sich Merkel mit Kibaki zum Gespräch in den Palast zurück. Sie knüpft deutsche Investitionen an Korruptionsbekämpfung und Rechtssicherheit in Kenia. Der 79-jährige Präsident spricht von einer guten Partnerschaft und lädt die deutsche Wirtschaft freundlich zu mehr Engagement ein.

Rund 400 Kilometer entfernt spielt sich im kenianischen Flüchtlingslager Dadaab ein Drama ab, das das UN-Flüchtlingskommissariat die derzeit schlimmste humanitäre Katastrophe der Welt nennt. Hier leben inzwischen fast 400 000 Menschen, die vor Dürre, Hunger und Tod geflohen sind. Angela Merkel sichert für die Notleidenden eine Million Euro als Direkthilfe zu.

Die Bundesregierung schlägt mit ihrem im Juni beschlossenen Afrika-Konzept einen neuen Weg ein. Das klassische „Geber-Nehmer-Verhältnis“ soll in eine „Partnerschaft auf Augenhöhe“ umgewandelt werden. In der Entwicklungszusammenarbeit stehe Deutschland gut da, in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit schlecht, heißt es. Bei dieser Reise von Merkel fällt auf, dass die großen Konzerne, deren Vorstandschefs die Kanzlerin üblicherweise auf Reisen begleiten, bei der Afrika-Tour fehlen. Sie haben mehr Interesse an Asien, heißt es.

Nun will Deutschland Ausbildung und Technik liefern und dafür einen Zugang zu den afrikanischen Märkten bekommen. China hat dort längst Fuß gefasst. Kein europäisches Land könne etwa Straßenausbau so billig anbieten wie China, heißt es in Regierungskreisen. Aber die Geschäfte und Methoden seien inzwischen auch bei Afrikanern umstritten und das sei eine Chance für Deutschland, für seine Wertarbeit und seine sozialen und ökologischen Standards.