Achtung! Der Verbündete hört mit
Der britische Geheimdienst soll 2009 in London Politiker und Diplomaten befreundeter Länder ausspioniert haben.
London. Die Enthüllungen klingen wie Szenen aus einem James-Bond-Thriller: Bei zwei Treffen der 20 wichtigsten Industrienationen (G20) — darunter Deutschland — 2009 in London hat der britische Abhördienst offenbar ausländische Politiker und Diplomaten belauscht und die E-Mail-Passwörter ihrer Mitarbeiter abgegriffen.
Die Tageszeitung „Guardian“ enthüllte die Details am Montag — pikanterweise zum Auftakt des Gipfels der acht größten Industrienationen in Nordirland. Ob deutsche Politiker oder Diplomaten betroffen waren, blieb unklar.
Das türkische Außenministerium machte sich erst gar nicht die Mühe, seinen Zorn in einer offiziellen Stellungnahme zu verbergen: „In einer Zeit, in der internationale Zusammenarbeit von gegenseitigem Vertrauen und Respekt abhängt, ist ein solches Verhalten inakzeptabel.“
2009 soll der britische Abhördienst GCHQ Telefonate und E-Mails des türkischen Finanzministers bei dem Gipfeltreffen ausspioniert haben. Auch andere Finanzminister sollen Opfer der eifrigen Geheimdienst-Abteilung geworden sein — 45 britische Spione beobachteten offenbar die Telefonaktivitäten ausländischer Delegationen auf einer 15 Quadratmeter großen Video-Leinwand.
Beim G20-Gipfel im gleichen Jahr soll der Dienst sogar noch weiter gegangen sein: Blackberrys ausländischer Delegationen wurden geknackt und E-Mails ausgewertet. Um den damaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew kümmerte sich der US-Abhördienst NSA — und zwar von einem Luftwaffen-Standort im britischen Yorkshire aus, wo er Satellitenschüsseln unterhält.
Medwedews Telefonate über eine Satellitenverbindungen nach Moskau sollen hier abgefangen worden und die Ergebnisse an die britische Regierung weitergebenen worden sein.
Eine besonders perfide Falle waren Internetcafés, die die Briten den ausländischen Delegationen zur Verfügung stellten: Die Internet-Rechner waren laut „Guardian“ so präpariert, dass Passwörter sofort abgegriffen wurden. So konnte der britische Geheimdienst auch nach Gipfel-Ende vertrauliche Botschaften mitlesen.
In den internen Dokumenten brüstet sich der Abhördienst damit, der damaligen britischen Regierung unter dem Labour-Prenierminsiter Gordon Brown in Echtzeit, also noch während des Gipfels, die vertraulichen Meinungen und Positionen der Teilnehmer übermittelt und ihr damit einen klaren Verhandlungsvorteil verschafft zu haben: „Unser Ziel ist es, die für ein positives Gipfel-Ergebnis relevanten Details rechtzeitig an den Kunden weiterzuleiten, so dass ihr volles Potenzial genutzt werden kann.“