Analyse: Ein deutscher Platz am Tisch der Mächtigen

Berlin schickt ab Sonntag einen Vertreter in den UN-Sicherheitsrat — für zwei Jahre.

Washington. Der Sicherheitsrat ist das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen. Seine Beschlüsse entscheiden über Krieg und Frieden. Ab 1. Januar hat Deutschland wieder Sitz und Stimme am Tisch der Mächtigen in New York, dann beginnt seine zweijährige Mitgliedschaft. Dort wird es sich mit gefährlichen Problemen befassen müssen. Ganz vorn stehen die Atom-Ambitionen des Iran und Nordkoreas.

In Artikel 24 I der UN-Charta übertragen die UN-Mitgliedsstaaten dem Rat die Verantwortung für die „Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“. Der Rat ist das einzige Organ, dessen Beschlüsse bindend sind. Mit dem Sitz im Sicherheitsrat steigt auch Deutschlands Einfluss auf die internationale Politik. Wofür Deutschland diesen Einfluss nutzen will, hat Außenminister Guido Westerwelle (FDP) vor der UN-Vollversammlung dargelegt. Er sprach von Frieden, Klimaschutz und Entwicklung, Abrüstung und nuklearer Nichtverbreitung. Immer wieder erwähnte er auch Deutschlands Rolle als drittgrößter Beitragszahler der Uno. Die soll sich auch in diplomatischem Einfluss niederschlagen.

Der Sicherheitsrat rückt dann in den Mittelpunkt, wenn eine Krise den Frieden bedroht. Üblicherweise ruft der Rat die Konfliktparteien zunächst zu Verhandlungen auf. Er kann auch einen Waffenstillstand anordnen und Blauhelm-Missionen entsenden oder wirtschaftliche und andere Sanktionen verhängen. Als letztes Mittel darf der Rat die Anwendung von Gewalt beschließen.

Welche Last diese Befugnisse bedeuten können, musste Deutschland während seiner Ratsmitgliedschaft 2003/2004 erleben. Die USA wollten sich Anfang 2003 die Erlaubnis zur Invasion im Irak einholen. Deutschland stimmte — wie die Mehrheit des Rats — gegen die USA und verärgerte damit den Verbündeten.

Im Grundsatz strebt Berlin eine umfassende Reform des Gremiums an, die Deutschland eine ständige Mitgliedschaft bescheren soll. Die derzeitige Zusammensetzung spiegele „eher die Weltarchitektur nach dem Zweiten Weltkrieg“ wider, kritisiert Westerwelle. Die damaligen fünf Siegermächte USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und China sind die einzigen permanenten Mitglieder und können jede Entscheidung blockieren.

Seiner Rolle als Hüter des Friedens wird der Rat oft nicht gerecht. 250 Kriege und Konflikte hat es in den vergangenen 65 Jahren gegeben. Der Rat sah dem Völkermord in Ruanda tatenlos zu. Den Bürgerkrieg in Somalia konnte er ebenso wenig aufhalten wie das Chaos in der Demokratischen Republik Kongo. Der US-Invasion im Irak verweigerte der Rat 2003 die Zustimmung, verhindern konnte er sie nicht.