Analyse: In Prag geht es um die Zukunft der EU

Tschechiens Parlament stimmt über den Vertrag von Lissabon ab. Und es wird ziemlich knapp.

Prag. Es gipfelt gewaltig in der tschechischen Hauptstadt Prag: DasVerhältnis der EU zu Japan, die Beschäftigungspolitik, ein "südlicherKorridor" und vor allem eine "östliche Partnerschaft" - all das wollendie Tschechen, derzeit Ratsvorsitzende der Europäischen Union, indieser Woche auf Top-Ebene abhandeln lassen. Das Hauptinteresse giltfreilich einer einheimischen Entscheidung: Wie stimmt der Senat heuteüber den Lissabon-Vertrag ab?

"Wenn die das am Mittwochdurchfallen lassen, kann Topolanek vergessen, dass sich am Donnerstagnoch jemand für die östliche Partnerschaft interessiert", sagt einEU-Diplomat. Auf Mirek Topolanek, nur noch bis zum Wochenendetschechischer Ministerpräsident, ruhen die Hoffnungen der Partner.

Schlimmgenug, dass er im Februar eine Vertrauensabstimmung im Parlament verlorund nun, mitten im Halbjahr der EU-Präsidentschaft, einerTechnokraten-Regierung Platz machen muss. Aber wenigstens, so dasKalkül, werde er sich einen starken Abgang verschaffen, indem er denLissabon-Vertrag doch noch über die tschechische Hürde hieve.

Topolanekist Chef der konservativen und hochgradig euro-skeptischen ODS. DieBürgerdemokraten stehen immer noch stark unter dem Einfluss ihreseinstigen Vorsitzenden und jetzigen Präsidenten Vaclav Klaus, der"Lissabon" um jeden Preis verhindern möchte.

Und ganz ohne die ODS klappt die Ratifizierung nicht. 81 Senatorengibt es, drei Fünftel der Anwesenden müssten zustimmen, die kommenallein mit den Stimmen der Sozialisten, Grünen und Christdemokratennicht zusammen. Auch eine gute Handvoll ODSler wird gebraucht, jenachdem wie stark die Gesamt-Präsenz ist.

Immerhin haben jetzteinige öffentlich Bereitschaft zur Zustimmung bekundet. Das, hofft manin Berlin und anderen EU-Hauptstädten, müsste doch reichen. HätteTopolanek Kanzlerin Angela Merkel und ihre Kollegen zum Gipfel mit densechs östlichen Partnern (Aserbeidschan, Armenien, Georgien, Moldawien,Ukraine, Weißrussland) eingeladen, wenn er nicht einigermaßen sicherwäre, tags zuvor die heikle Kiste Lissabon doch noch geschaukelt zubekommen?

Aber, räumt einer der optimistischeren Diplomaten ein, "das sind nur Indizien, dass es gut ausgehen könnte, keine Belege".