Analyse: Thailand muss seine Gräben überwinden

Die blutigen Demonstrationen haben das Land gespalten und die Touristen verschreckt.

Bangkok. Brennende Banken und Boutiquen in Bangkok, scharfschießende Soldaten auf den Straßen - die Bilder haben die Weltschockiert. Regierungschef Abhisit Vejjajiva spricht nach dergewaltsamen Beendigung der wochenlangen Demonstrationen gegen seineRegierung von großen Herausforderungen, um die Wunden in derGesellschaft zu heilen. Die Wirtschaft muss aber allem Anschein nachnicht zu seinen größten Sorgen gehören. "Unser Glück ist, dass dieWirtschaft vor dieser Krise sehr robust war", sagte Finanzminister KornChatikavanij am Freitag.

"Wenn alles in den nächsten drei Monaten zur Ruhe kommt, verlierenwir durch die Unruhen vielleicht einen halben Prozentpunkt beimWirtschaftswachstum - keine große Sache", sagt der Chef des ThailandDevelopment Research-Instituts, Nipon Rpapongsakorn. Die Regierunghatte Anfang des Jahres eine Wachstumsprognose von rund fünf Prozentausgegeben.

Motor der zweitgrößten Volkswirtschaft in Südostasien - nachIndonesien - ist der Export. Er macht zwei Drittel der Wirtschaft aus.Das Land profitierte davon, dass die Nachfrage in den USA nach derWeltwirtschaftskrise deutlich anzog und macht zudem gute Geschäfte mitChina. Die Exporte legten im Jahresvergleich im 1.Quartal 20Prozent zu,das Bruttoinlandsprodukt wuchs mehr als zehn Prozent. Die wichtigstenExportprodukte - Elektronik, Autos, Zubehör - werden in Industriezonenweit entfernt von Bangkok produziert.

"Viele meiner Geschäftspartner sagen über die Unruhen: was soll’s?"erklärt Christopher Bruton, Direktor der Bangkoker ConsultingfirmaDataconsult. "Die Häfen sind offen, die Flughäfen sind offen - so langewir unsere Waren aus dem Land bekommen und die Mitarbeiter arbeiten,sind wir glücklich."

Das kann die Tourismusindustrie nicht behaupten. Viele Gäste, dieUrlaub in Thailand gebucht hatten, machen inzwischen einen großen Bogenum das Land. Im April kamen 30 Prozent weniger Gäste am Flughafen inBangkok an. Das Ziel, die Besucherzahl 2009 von 15 Millionen Touristenzu übertreffen, ist in weite Ferne gerückt. Der Tourismussektor machtsechs bis sieben Prozent der Wirtschaft aus, ist aber ein wichtigerArbeitgeber.