Analyse: Viel Spott für Obamas Olympia-Schlappe

Sein erfolgloses Werben für Chicago schadet dem US-Präsidenten politisch.

Washington. Angereist war er mit hohen Erwartungen. Nach nur wenigen Stunden in Kopenhagen aber musste US-Präsident Barack Obama eine schwere Schlappe hinnehmen.

Dass seine Wahlheimat Chicago bereits bei der ersten Abstimmung über den Austragungsort der Olympischen Sommerspiele 2016 ausschied, schockierte nicht nur Millionen amerikanischer Sportfans. Auch Obama, der sich sonst durch unerschütterlichen Optimismus auszeichnet, war sichtlich mitgenommen.

US-Medien hatten die Latte besonders hoch gelegt. Die führenden Nachrichtensender hatten schon lange vor der ersten Abstimmung live in die dänische Hauptstadt geschaltet. Abwechselnd wurden Bilder aus Kopenhagen und von den Straßen der Millionenstadt Chicago gezeigt, wo sich mehr als 100 000 Menschen vor Riesenleinwänden versammelt hatten, um die Entscheidung live mitzuerleben.

Als Jacques Rogge, der Chef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), dann bekannt gab, dass Obamas Wahlheimat weniger Stimmen als die übrigen drei Finalisten Rio de Janeiro, Madrid und Tokio erhalten hatte und als Olympiastadt ausgeschieden sei, ging ein kollektives Raunen durch die Menschenmenge.

Die republikanische Opposition versucht, aus der politischen Schlappe Kapital zu schlagen. "Während die Arbeitslosenrate auf 9,8 Prozent steigt und Iran sein Nuklearprogramm fortsetzt, schafft es Präsident Obama nicht einmal, die Olympischen Spiele nach Amerika zu bringen", schimpfte Newt Gingrich, der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses. Andere wiesen darauf hin, dass über 100 Millionen Dollar an Steuergeldern verschwendet wurden, um eine kaum aussichtsreiche Kampagne für Chicago zu finanzieren.

Auch unabhängige Experten sind der Auffassung, dass Obama mit dem Feuer gespielt habe und nun einen hohen Preis zahlen muss. Der Politikwissenschaftler James Stanton sagte: "Hätte Obama es geschafft, dann würden alle wieder von dem unbezwingbaren amerikanischen Präsidenten sprechen." Nun habe der Präsident mit seinem Aufenthalt in Kopenhagen, der auf viele IOC-Mitglieder wie ein PR-Auftritt gewirkt habe, eine Menge politisches Kapital verspielt und damit auch dem Image im eigenen Land Schaden zugefügt.

Laut Wählerumfragen ist nach der Olympia-Schlappe gerade einmal die Hälfte der Amerikaner mit seiner Amtsleistung zufrieden - der schlechteste Wert seit Obamas Vereidigung im Januar.