Asse: Der Gau für die Suche nach einem Atom-Endlager
Atom-Energie: Die Pannen in dem Salzstock befeuern die Debatte, wie sicher eine nukleare Müllhalde sein kann.
Berlin. Dagegen ist Vattenfalls "Krümmel-Monster" beinahe ein niedliches Steifftier: Asse, ein südlich von Braunschweig gelegener Salzstock, ist für Gegner der Atomenergie der wahre Gau, der größte anzunehmende Unfall in der nicht enden wollenden Atomendlager-Geschichte. Denn mit Asse verbindet sich eine Frage, die im neu entbrannten Streit um längere Restlaufzeiten für die 17 deutschen Meiler an den Rand gedrängt wurde: Wem in Deutschland kann man Atommüll, der bekanntermaßen eine Ewigkeit lang gefährlich strahlt, wenigstens für einige Jahrzehnte ohne großes Unbehagen anvertrauen? Asse jedenfalls nicht.
Seit langem dringen tagtäglich große Mengen Wasser in den Salzstock, der durch den Kontakt mit dem zwischen 1967 und 1978 in rund 130000 Stahlfässern eingelagerten Atomabfall schwer radioaktiv belastet ist. Mittlerweile drohen dort die ausgelaugten Wände der Lagerstätte einzustürzen. Dabei stellte Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), gestern trocken fest: "Asse war als Endlager-Standort immer ungeeignet."
Alarmierend: Von der Schadhaftigkeit des Schachtes wussten die einst Verantwortlichen, der frühere Betreiber Helmholtz-Zentrum München und die zuständigen niedersächsischen Aufsichtsbehörden, seit langem, hielten ihre Informationen jedoch geheim. Ohne das starke Engagement vieler Anwohner, die misstrauisch wurden, als sie von häufigen Messungen der Radioaktivität bei den aus dem Salzstock abgepumpten Laugen erfuhren, aber keine Messergebnisse mitgeteilt bekamen, wären die Pannen gar nicht ans Tageslicht gekommen. Erst auf hartnäckiges Nachfragen räumten die Behörden eine ungewöhnliche Cäsiumbelastung ein. Damit war erwiesen, dass das Wasser längst seinen Weg in den Salzstock mit dem radioaktiven Müll gefunden haben musste.
Bedeutsam gilt Atomkraft-Kritikern der Fall Asse, weil er - etwa mit Blick auf den bislang bevorzugten Endlager-in-spe-Standort Gorleben - die Frage der Verlässlichkeit von Prognosen über die geologische Entwicklung in ein schlechtes Licht rückt. 1966 hieß es in einem wissenschaftlichen Gutachten, dass ein Wassereinbruch in Asse "höchst unwahrscheinlich" sei. Nur 40 Jahre später säuft der Stollen bereits allmählich ab. Dabei hätte er sich laut Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) eine Million Jahre lang bewähren müsste - soll die unterirdische Atommülllagerung nicht unkalkulierbare Risiken produzieren. Obwohl bis heute schon 800000 Kubikmeter Hohlraum mit Beton verfüllt wurden.
Nicht ohne Grund wird sich im niedersächsischen Landtag bald ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss mit dem lange währenden Skandal beschäftigen.