SPD nimmt FDP ins Visier – und schont Merkel

Wahlkampf: Die Sozialdemokraten ändern ihre Strategie. Politologen halten das für konsequent.

Düsseldorf/Berlin. Mit Blick auf die für sie nach wie vor trüben Umfrageergebnisse will die SPD ihre Wahlkampfstrategie offenbar ändern - und schießt sich verstärkt auf die FDP ein. Zugleich mehren sich die Anzeichen, dass die Angriffe auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) abgemildert werden sollen.

Ein Indiz dafür ist der am Mittwoch vollzogene Wechsel von Vize-Regierungssprecher Thomas Steg ins Wahlkampfteam von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier. Der SPD-Mann Steg hatte die Positionen der CDU-Kanzlerin nach außen stets korrekt und loyal vertreten, auch bei koalitionsinternen Konflikten mit der SPD. Beobachter gehen davon aus, dass Steg nun als Sprecher Steinmeiers nicht plötzlich hart mit seiner früheren Chefin Merkel ins Gericht gehen wird.

Parteienforscher halten diesen Strategiewechsel für konsequent. "An Angela Merkel prallen alle Angriffe ab. Sie ist als Kanzlerin einfach zu beliebt", sagte der Mainzer Politikwissenschaftler Jürgen Falter unserer Zeitung. Ähnlich sieht das der Düsseldorfer Politologe Ulrich von Alemann: Jeder harte Angriff auf Merkel falle auf die SPD zurück. Außerdem sei die Union noch immer ein Koalitionspartner der SPD. "Die Sozialdemokraten können das Tischtuch zweieinhalb Monate vor der Bundestagswahl nicht einfach zerschneiden", so Alemann.

Tatsächlich fällt auf, wie konsequent vor allem SPD-Chef Franz Müntefering seit einiger Zeit den Vorsitzenden der FDP, Guido Westerwelle, ins Visier nimmt. Im "Spiegel"-Gespräch sagte Müntefering jetzt: "Stellen Sie sich vor, es gäbe Schwarz-Gelb und die FDP kriegt das Gesundheitsministerium. Da fallen den Leuten doch die Haare aus."

Politik-Professor von Alemann geht davon aus, dass das erst der Anfang ist: "Je unwahrscheinlicher eine Ampelkoalition nach der Bundestagswahl wird, desto weniger Rücksicht muss die SPD auf die FDP nehmen." Schließlich gelte es, Schwarz-Gelb zu verhindern. Und mit Angriffen auf die FDP lasse sich die klassische SPD-Klientel noch am besten mobilisieren.

Alemanns Mainzer Kollege Falter formuliert es so: "Angesichts einer sozial weichgespülten CDU ist es für die SPD einfacher, gegen die andere bürgerliche Partei zu kämpfen, die eher für die reine neoliberale Lehre steht."

Ob die neue Strategie funktioniert, werden die nächsten Umfragen zeigen. Laut Forsa-Chef Manfred Güllner muss die SPD noch mehr als 3,25Millionen Wähler gewinnen, um wenigstens die 30-Prozent-Marke zu knacken.