Reaktion auf US-Sanktionen Amerikanische Diplomaten sollen Russland verlassen

Moskau/Washington (dpa) - Russland geht im Sanktionsstreit mit den USA zum Gegenangriff über und verlangt den Abzug von zahlreichen US-Diplomaten. Washington solle bis zum 1. September die Zahl seiner Mitarbeiter in der Botschaft und in den Konsulaten in Russland auf 455 senken, so das Außenministerium.

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Zudem würden zum 1. August zwei Landhäuser bei Moskau geschlossen, die das US-Personal nutzt. Weitere Gegenmaßnahmen behalte sich Russland vor.

Die Agentur Interfax zitierte einen nicht genannten Mitarbeiter des Ministeriums, dass möglicherweise Hunderte US-Mitarbeiter gehen müssten. Später teilte das Außenamt mit, dass es von den USA erwarte mitzuteilen, wie viele Mitarbeiter sie abzögen. Sprecherin Maria Sacharowa sagte der Deutschen Presse-Agentur, dies sei ein Vorschlag an die USA. „Wir befehlen den USA nichts“, sagte sie.

Damit reagierte Moskau auf die umstrittenen Sanktionen, die der US-Senat am Donnerstag mit großer Mehrheit beschlossen hatte. Die Maßnahmen richten sich gegen wichtige Wirtschaftszweige, darunter auch den für Moskau zentralen Energiesektor. Die Abgeordneten strafen Russlands Rolle im Ukraine-Konflikt sowie die mutmaßliche Einflussnahme auf die US-Wahl ab. Die seit 2014 bestehenden Sanktionen sollen ausgeweitet werden, neue werden wegen Russlands Unterstützung für die syrische Regierung verhängt.

Die Maßnahmen zeigten die aggressive Haltung der USA gegenüber Russland, hieß es in Moskau. „Es ist unmöglich, unendlich diese Gemeinheiten gegen unser Land auszuhalten“, hatte Präsident Wladimir Putin zuvor in seiner ersten Stellungnahme zu den geplanten Strafmaßnahmen gesagt.

Putin heiße Moskaus Reaktion gut, sagte nun Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Tass zufolge. Die US-Sanktionen seien zwar noch nicht in Kraft. Russland wolle aber mit den Gegenmaßnahmen nicht auf die Unterschrift von US-Präsident Donald Trump warten, da die Sanktionen technisch beschlossene Sache seien.

Vizeaußenminister Sergej Rjabkow machte deutlich, dass es sich zugleich um einen Warnschuss an die USA handelt. „Wenn sie jetzt wieder versuchen, uns mit restriktiven Maßnahmen unter Druck zu setzen, werden wir Schritte unternehmen, spiegelbildliche und asymmetrische“, sagte er. Keine Möglichkeit sei ausgeschlossen.

Die beiden russischen Maßnahmen gelten als lang vorbereitete Antworten auf frühere US-Handlungen. Die Reduzierung des Personals dürfte sich auf die Ausweisung russischer Botschaftsangehöriger durch den früheren US-Präsidenten Barack Obama beziehen. Dieser hatte im Dezember 35 russische Diplomaten des Landes verwiesen. Putin hatte zunächst auf eine normalerweise übliche Gegenmaßnahme verzichtet. Dem Außenministerium zufolge soll sich nun die Zahl der jeweils beschäftigten Mitarbeiter wieder ausgleichen.

Zudem streiten sich Moskau und Washington seit Monaten um zwei Anwesen in den USA, die im Besitz der russischen Botschaft waren und von Obama geschlossen wurden. Die USA gehen davon aus, dass von dort Geheimdienstaktionen ausgegangen waren. Russland bestreitet dies.

Der US-Kongress hatte zuvor den Weg frei gemacht für schärfere Sanktionen gegen Russland. Nach dem Repräsentantenhaus sprach sich auch der Senat mit 98 von 100 Stimmen für den Gesetzentwurf aus.

Die Abgeordneten setzen zugleich Trumps Russland-Politik Grenzen. Sie stellen damit sicher, dass der Präsident die Sanktionen nicht ohne Zustimmung des Kongresses aufheben kann. Demokraten, aber auch Republikaner halten Trump eine zu große Nähe zu Russland vor.

Trumps Kommunikationschef Anthony Scaramucci deutete an, dass sich der Präsident für ein Veto entscheiden könnte. Blockiert Trump das Gesetz, könnte ihm das aber so ausgelegt werden, dass er dem Kreml Zugeständnisse macht. Dies würde seinen Gegnern in die Hände spielen.

Ohnehin steht Trump wegen der Ermittlungen in der Russland-Affäre unter massivem Druck. Geheimdienste beschuldigen den Kreml, sich in den Wahlkampf 2016 eingemischt zu haben, um dem Republikaner zu helfen. Ein Sonderermittler und mehrere Kongressausschüsse untersuchen, ob es geheime Absprachen mit Trumps Wahlkampflager gab.

Doch nicht nur das ohnehin zerrüttete Verhältnis zu Russland droht weiteren Schaden zu nehmen. Auch aus der EU kommt massive Kritik. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte am Dienstag mit Vergeltungsmaßnahmen gedroht. Brüssel fürchtet, dass sich die Sanktionen negativ auf europäische Firmen auswirken könnten, die an russischen Energieprojekten beteiligt sind. Kritiker werfen den USA vor, mit den Sanktionen eigene Wirtschaftsinteressen zu verfolgen.

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel sagte am Freitag, Deutschland werde nicht akzeptieren, wenn europäische Unternehmen unter den Sanktionen litten. „Sanktionspolitik ist weder ein geeignetes noch ein angemessenes Instrument zur Beförderung nationaler Exportinteressen und der heimischen Energiebranche.“