Bombe im Bus - Wieder Terroranschlag im südrussischen Wolgograd
Wolgograd/Berlin (dpa) - Blutige Terrorserie vor den Olympischen Spielen in Russland: Bei einem zweiten Bombenanschlag in Wolgograd binnen zwei Tagen sind mindestens 14 Menschen getötet worden.
Ein Selbstmordattentäter zündete am Montag in einem voll besetzten Bus einen mit Metallstücken gefüllten Sprengsatz, wie die Ermittler mitteilten. 41 Menschen wurden verletzt. Am Sonntag waren bei einer Bombenexplosion im Bahnhof der südrussischen Stadt mindestens 17 Menschen getötet worden. Präsident Wladimir Putin ordnete verschärfte Sicherheitsvorkehrungen und Kontrollen an.
Der Kremlchef beauftragte zudem den Inlandsgeheimdienst FSB, die Drahtzieher zur Rechenschaft zu ziehen. Die Bundesregierung und auch Bundespräsident Joachim Gauck verurteilten den Anschlag. Es war der dritte Terroranschlag in der Millionenstadt seit Ende Oktober.
Die russische Regierung machte Extremisten aus dem Konfliktgebiet Nordkaukasus für die Attentate verantwortlich. „Banditen“ wie der Islamistenführer Doku Umarow schickten „unter der Flagge des Dschihad“ (Heiligen Krieges) immer neue Kämpfer in einen „Terrorkrieg“, teilte das Außenministerium in Moskau mit. Zu den Anschlägen hat sich zunächst niemand offiziell bekannt.
Islamisten hatten aber mit Attentaten gedroht, um die Vorbereitungen der Olympischen Winterspiele in Sotschi (7. bis 23. Februar 2014) zu stören. Wolgograd liegt etwa 700 Kilometer von Sotschi entfernt. Im Nordkaukasus kämpfen Islamisten für einen unabhängigen „Gottesstaat“.
Trotz der Anschläge sei die Sicherheit der Spiele gewährleistet, sagte der Chef des Nationalen Olympischen Komitees, Alexander Schukow. Alle notwendigen Schritte seien unternommen. Schon jetzt gelten die Maßnahmen in Sotschi als extrem hoch. Kritiker beklagen eine „Totalüberwachung“ Russlands wegen der Spiele. Putin beriet sich über die Sicherheitslage auch mit Regierungschef Dmitri Medwedew.
Aus Angst vor weiteren Attentaten verzichteten viele Wolgograder darauf, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Die Behörden forderten dazu auf, nur noch mit einem Ausweis aus dem Haus zu gehen. Ermittlern zufolge tragen beide Anschläge die gleiche Handschrift.
Die Bombe mit einer Sprengkraft von mindestens vier Kilogramm TNT sei mit Metallstücken gefüllt gewesen, hieß es. „Die Teile waren identisch mit dem Inhalt der Bombe am Sonntag im Bahnhof von Wolgograd“, sagte Wladimir Markin von der Ermittlungsbehörde. Die Terroristen hätten das frühere Stalingrad vermutlich gewählt, weil es ein Verkehrsknotenpunkt und weniger bewacht sei als etwa Moskau. Bereits Ende Oktober hatte eine Selbstmordattentäterin in einem Bus in Wolgograd sechs Insassen und sich selbst in die Luft gesprengt.
Im aktuellen Fall seien Körperteile des Selbstmordattentäters sichergestellt worden. „Jetzt läuft die Identifizierung“, sagte Markin der Agentur Interfax. Der Täter in dem Bus habe besonders viele Menschen töten wollen. „Die Bombe explodierte mitten im Berufsverkehr in der Nähe eines Marktes. Dort befanden sich auch viele Kinder“, teilte Markin mit.
Bei Anti-Terror-Einsätzen im Nordkaukasus töteten Kreml-Einheiten mindestens sechs Aufständische. Die Männer hätten sich an Anschlägen auf Regierungseinrichtungen beteiligt, sagte ein Armeesprecher.
In Berlin teilte das Auswärtige Amt mit, Ressortchef Frank-Walter Steinmeier (SPD) habe mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow telefoniert. „Diejenigen, die hinter diesen Taten stehen, müssen zur Verantwortung gezogen werden“, sagte Steinmeier.
Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach Putin ihr Mitgefühl aus. Bundespräsident Gauck betonte in einem Schreiben: „Ich verurteile diese hinterhältigen Akte des Terrorismus und der Zerstörung, die gegen die Menschlichkeit verstoßen. Auch im Namen meiner Landsleute möchte ich Ihnen meine tief empfundene Anteilnahme aussprechen.“ Der Chef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, unterstrich, er habe volles Vertrauen für sichere Spiele in Russland.
Die USA betonten, sie unterstützten Russland im Terrorkampf. Washington biete Moskau bei den Olympia-Vorbereitungen Hilfe an.
Als Reaktion auf die Anschläge sagte die Verwaltung von Wolgograd alle offiziellen Silvesterfeiern ab. Auch eine geplante Trauerfeier wurde aus Sicherheitsgründen verschoben. Einige Städte wie St. Petersburg kündigten an, aus Mitgefühl auf größere Neujahrsfeste zu verzichten. Staatliche TV-Sender strichen Unterhaltungsshows.