Durchbruch bei Regierungsbildung in Belgien

Brüssel (dpa) - In Belgien ist ein Ende der 15 Monate dauernden politischen Krise in Sicht. Nach einer nächtlichen Einigung von acht Parteien über das Zusammenleben der Niederländisch und Französisch sprechenden Bürger im Umland von Brüssel rückt die Bildung einer Regierung näher.

Der frankophone Sozialdemokrat Elio Di Rupo, der von König Albert II. mit der Suche nach einer Regierungsmehrheit beauftragt worden war, setzte am Donnerstag die Koalitionsverhandlungen über weniger strittige Fragen der Finanzierung der Regionen und neue Kompetenzen fort.

„Obwohl die Arbeit noch lange nicht beendet ist, bedeutet doch unsere heutige Einigung (...) einen wichtigen Schritt vorwärts“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Parteivorsitzenden. Seit Juni 2010 war eine Regierungsbildung vor allem am Streit um das Wahlrecht im Umland von Brüssel gescheitert.

Der im April 2010 zurückgetretene Premierminister Yves Leterme, der seither die Regierungsgeschäfte verwaltete, sagte am Donnerstag: „Das ist ein sehr wichtiger historischer Durchbruch. Sehr wichtig und sehr positiv.“ Leterme vereinbarte am Donnerstag mit Di Rupo, der Entwurf des Staatshaushalts 2012 solle von den künftigen Koalitionspartnern gestaltet werden. Er werde maximal 2,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen.

Die acht Parteien - Sozialdemokraten, Konservative, Liberale und Grüne aus beiden Sprachregionen - einigten sich auf die Modalitäten einer Aufspaltung des bisherigen gemeinsamen Wahlbezirks von Brüssel-Halle-Vilvoorde (BHV). Nicht beteiligt sind die flämischen Nationalisten der Partei N-VA, die bei den Wahlen vom Juni unter Führung von Bart De Wever zur stärksten politischen Kraft des Landes geworden waren. De Wever, der einen eigenen Staat Flandern fordert, hatte als Verhandlungsführer mögliche Kompromisse mehrfach blockiert.

Im Wahlbezirk BHV sind die zweisprachige Hauptstadt und die Gemeinden des zu Flandern gehörenden Umlandes zusammengeschlossen. Der Wahlkreis wird nun in die beiden neuen Kreise Brüssel und Flämisch-Brabant aufgeteilt. Dabei werden Sonderrechte von sechs Gemeinden mit starker frankophoner Bevölkerung festgeschrieben - beispielsweise die Möglichkeit zur Wahl von Kandidaten aus Brüssel. Zugleich wird aber nicht an der weiteren Zugehörigkeit des Umlandes zu Flandern gerüttelt.

Vertreter der beiden Sprachgruppen zeigten sich am Donnerstag zufrieden mit der Einigung. Kritik kam von der nationalistischen flämischen N-VA ebenso wie von frankophonen Hardlinern.