Ein blockiertes Land: Quo vadis, Italia?

Pier Luigi Bersani und Silvio Berlusconi stecken in einer Sackgasse.

Rom. Die Römer haben sich am frühen Morgen in der Metro die Augen gerieben — sie lasen die Schlagzeilen von dem riesigen „Tsunami“ der populistischen „Bewegung Fünf Sterne“, der Rückkehr Berlusconis und dem schwachen Abschneiden der Linken und des ehemaligen Ministerpräsidenten Monti. Und schon am Tag nach der Wahl wird von Neuwahlen gesprochen.

Was war passiert? Mit vollmundigen Steuerversprechen und wieder im Bund mit der regionalen Lega Nord gelang es Berlusconi, sein rechtes Lager ein weiteres Mal aus der Depression zu führen. Politisch für mausetot hatten seine Gegner den 76-Jährigen gehalten, der dreimal Regierungschef war. Sie haben ihn damit eindeutig unterschätzt.

Umfragen hatten die Linke siegessicher gemacht und dabei eingelullt. Jetzt habe Pier Luigi Bersani einen Pyrrhus-Sieg errungen, er stecke zusammen mit Berlusconi in der Sackgasse, meinte die Turiner „La Stampa“. Und schon hält es auch Francesco Boccia von Bersanis Demokratischer Partei (PD) für möglich, sich mit dem verhassten Berlusconi doch in gewissen Punkten einigen zu können, etwa für ein besseres Wahlrecht. „Wir brauchen jetzt erst einmal Zeit zum Nachdenken“, sagt Berlusconi, der aber ein Bündnis mit dem abtretenden Premier Monti ausschließt. „Neuwahlen wären in der jetzigen Situation nicht nützlich“, sagte er.

In den nächsten Wochen richten sich alle Augen auf den Staatspräsidenten Giorgio Napolitano. Er muss in Konsultationen mit allen Beteiligten einen Weg suchen. Napolitano ist ein guter Diplomat: Er zwang Berlusconi im November 2011, den Hut zu nehmen und setzte den Wirtschaftsprofessor Monti als „Reformer Italiens“ ins Amt.

Eine gleich zweifache Rebellion der Italiener brachte die aktuelle parlamentarische Blockade. Der populistische Aufstand gegen die „Politiker-Kaste“ in Rom, spülte auf Anhieb massiv Grillos Bewegung ins Parlament. Und die schmerzhaften finanziellen Opfer, die Monti den Italienern abverlangt hatte, nutzten Berlusconi. „Gewonnen hat das euroskeptische Italien“, analysiert der „Corriere della Sera“ und meint Grillo sowie Berlusconi.

Letztlich haben sich die Kräfte durchgesetzt, die in sozialen Zorn investiert und das Land damit schwer regierbar zurückgelassen haben. Quo vadis, Italia?