Entspannungssignale im Koalitionsstreit um NSA/BND-Affäre
Berlin (dpa) - In der NSA/BND-Affäre zeichnet sich nach der jüngsten Eskalation des Koalitionsstreits über den Umgang mit der geheimen US-Spähliste Entspannung ab.
„Ich bin zuversichtlich, dass es eine Einigung über ein geeignetes Verfahren in den nächsten Tagen geben kann“, sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi in Berlin. Die Liste solle ausgewählten Mitgliedern des NSA-Untersuchungsausschusses zugänglich gemacht werden. Unionsfraktionsvize Thomas Strobl (CDU) reagierte umgehend: „Die SPD scheint auf den Weg der Vernunft und zu einem vertrauensvollen Umgang in der Koalition zurückzukehren.“
Der Sprecher von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Martin Schäfer, sagte, es gebe die Möglichkeit, Sicherheitsinteressen und Aufklärungsinteresse von Parlament und Öffentlichkeit in Einklang zu bringen. Das Völkerrecht stehe dem nicht entgegen - es sei eine politische Entscheidung in dieser Frage nötig. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, das Konsultationsverfahren mit den USA zur Frage des Umgangs mit der Liste dauere an. Die Regierung werde auf Basis des Ergebnisses und weiterer Abwägungen entscheiden.
Bei dem Streit geht es um den von den Geheimdienstkontrolleuren des Bundestags und vom NSA-Untersuchungsausschuss verlangten Einblick in eine Liste mit geheimen Spähbegriffen der Amerikaner. Diese waren während der seit zehn Jahren laufenden Zusammenarbeit vom Bundesnachrichtendienst (BND) aussortiert worden, weil sie absprachewidrig teils gegen deutsches Recht sowie gegen deutsche und europäische Interessen verstießen.
Fahimi sagte nach einer Sitzung des SPD-Vorstands: „Es geht uns in keinster Weise darum, ein Zerwürfnis mit den USA zu provozieren.“ Es gehe der SPD „nicht um profane Formen von Anti-Amerikanismus“, sondern um Aufklärung in der Sache. Die Seehofer-Kritik an Gabriel wies sie zurück: „Ich finde, dass das Verhalten unseres Vizekanzlers Sigmar Gabriel genau das ist, was man von einem verantwortlichen Staatsmann erwarten sollte.“
Seehofer hatte in München Gabriels jüngste Äußerungen als in Form und Stil inakzeptabel zurückgewiesen: „Das entspricht nicht der Staatsverantwortung, die eine Regierungspartei hat. Das geht nicht.“ Gabriel hatte am Wochenende den Druck auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erhöht und mehr Rückgrat im Umgang mit den Listen von US-Spähzielen gefordert. Aus Sicht der SPD sollten diese notfalls auch gegen den Willen der USA freigegeben werden.
Strobl erklärte zu den Äußerungen von Fahimi: „Nach den antiamerikanischen Verirrungen der vergangenen Tage ist es wichtig, dass die Sozialdemokraten offenbar nun anerkennen, dass gute Beziehungen zu den USA im deutschen Interesse sind.“
Linkspartei und Grüne versuchten, den Druck auf die Koalition weiter zu erhöhen. Linken-Fraktionsvize Dietmar Bartsch sagte: „Die NSA-Affäre ist längst zur Staatsaffäre geworden.“ Der Umgang mit der Spähliste werde „zum Lackmustest, wie viel Rückgrat die SPD in dieser Koalition hat“. Grünen-Chefin Simone Peter sagte: „Die BND-Affäre hängt derzeit wie ein dicker Mühlstein an der großen Koalition.“