Großeinsatz gegen angebliche Regierungsgegner in der Türkei
Istanbul (dpa) - Rund ein Jahr nach Korruptionsvorwürfen gegen Vertraute des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan haben Sicherheitskräfte dutzende Journalisten und angebliche Regierungsgegner bei der Polizei festgenommen.
Darunter seien unter anderem der Chefredakteur der Zeitung „Zaman“, Ekrem Dumanli, und der ehemalige Leiter der Istanbuler Anti-Terror-Einheit, berichtete die Nachrichtenagentur DHA. Insgesamt seien 32 Haftbefehle erlassen und 24 der Verdächtigen festgenommen worden, meldete der Sender CNN Türk. Die Zeitung „Zaman“ und der Medienkonzern Samanyolu stehen dem mit Erdogan verfeindeten islamischen Prediger Fethullah Gülen nahe.
Nach Angaben von Dumanlis Anwalt wird dem Chefredakteur vorgeworfen, eine „Organisationsstruktur“ mit dem Ziel aufgebaut zu haben, die Souveränität der türkischen Regierung auszuhebeln. Sicherheitskräfte hatten am Morgen das Redaktionsgebäude der Zeitung durchsucht. Demonstranten verhinderten jedoch die Festnahme Dumanlis.
Nachmittags rückte die Polizei erneut an und führte Dumanli unter lautstarkem Protest ab, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. „Man kann die freie Presse nicht zum Schweigen bringen“, skandierten die Unterstützer. Wie bei früheren Razzien hatte der mysteriöse Twitter-Nutzer „Fuat Avni“ zuvor vor dem Einsatz gewarnt.
Die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ verurteilte die Festnahmen in einer Mitteilung als „hartes Durchgreifen gegen kritische Medien“.
Staatspräsident Erdogan wirft seinem einstigen Verbündeten Gülen vor, Polizei und Justiz unterwandert zu haben und die Regierung stürzen zu wollen. Auch hinter den am 17. Dezember 2013 bekanntgewordenen Korruptionsvorwürfen gegen Ministersöhne der islamisch-konservativen AKP-Regierung vermutet Erdogan die Gülen-Bewegung. In einem am Wochenende in der „Süddeutschen Zeitung“ veröffentlichten Interview warnte der Prediger vor einer „Hexenjagd“ in der Türkei.