Nationalistische Töne bei Demo in Kairo
Kairo (dpa) - Eigentlich ist das islamische Fest des Fastenbrechens zum Ende des Ramadans ein Freudenfest: Aber in Ägypten haben die politischen Gegner den Beginn der Feiertage für große Protestkundgebungen genutzt.
Tausende von Islamisten forderten am Donnerstag, der entmachtete Präsidenten Mohammed Mursi solle wieder in sein Amt eingesetzt werden. Sie riefen in ihren Protestlagern in Kairo: „Das Volk will ein Ende des Militärputsches“. Außerdem wächst in Ägypten die Stimmung gegen ausländische Vermittler.
Die Muslimbrüder errichteten am Eingang zu ihrem zentralen Protestlager vor der Rabea-al-Adawija-Moschee eine Betonwand. Ägyptische Beobachter rechnen nicht damit, dass die Polizei die Protestlager während der bis zum Sonntag dauernden Feiertage mit Gewalt räumt.
Eine Kundgebung der „Tamarud“-Bewegung auf dem Tahrir-Platz stand am Donnerstag unter dem Motto „Fest der nationalen Unabhängigkeit gegen ausländische Einmischung“. Bei einer zweiten Kundgebung der Mursi-Gegner vor dem Präsidentenpalast trugen Demonstranten Plakate mit dem Foto von Armeechef Abdelfattah al-Sisi.
Die staatlichen Medien meldeten, Armee und Polizei zeigten rund um den Tahrir-Platz starke Präsenz, um mögliche Gewalt zu verhindern. Die Bewegung „Tamarud“ (Rebellion) hatte Ende Juni Millionen von Menschen mobilisiert, um gegen die damals regierenden Muslimbrüder zu demonstrieren. Daraufhin hatte die Armee Mursi am 3. Juli abgesetzt. Seither wurden Dutzende von Angehörigen der Muslimbruderschaft festgenommen. Mursi sitzt in Untersuchungshaft.
Westliche und arabische Diplomaten hatten zuletzt vergeblich versucht, in Kairo einen Kompromiss auszuhandeln. Sie befürchten, dass eine dauerhafte Marginalisierung der Islamisten zu mehr Gewalt führt. Einige Ägypter empfinden diese Bemühungen als „Einmischung“. Der von der Armee eingesetzt Übergangspräsident Adli Mansur hatte am Mittwoch erklärt, die diplomatischen Bemühungen seien gescheitert. Er rief die Ägypter auf, ihre „persönlichen Interessen zugunsten des geeinten Vaterlandes hintanzustellen“.
Nationalistische Rhetorik gab es diesmal auch vom Oberhaupt des Al-Azhar Islam-Institutes, Scheich Ahmed al-Tajjib. Der Religionsgelehrte, der zum Gebet in seine Heimatstadt Luxor gereist war, rief dazu auf, „alle Türen zu schließen, damit jede Form der Einmischung in Ägyptens innere Angelegenheiten vermieden wird“.
In der Provinzhauptstadt Al-Arisch im Norden der Sinai-Halbinsel befolgten die Gläubigen den Rat der Sicherheitskräfte, sich nur in den Moscheen und nicht auf öffentlichen Plätzen zum Gebet zu versammeln. In den vergangenen Tagen hatte es im Norden des Sinai zahlreiche Angriffe radikaler Islamisten auf Polizei und Armee gegeben. Am Mittwoch hatten Tausende an der Beerdigung von Abdel Hamid Selmi teilgenommen. Der Politiker und Geschäftsmann, der wiederholt Kritik an den Muslimbrüdern geübt hatte, war wenige Stunden zuvor beim Verlassen einer Moschee in Al-Arisch von Unbekannten erschossen worden.