Regierung: Steinmeier hat Zusammenarbeit mit NSA abgesegnet
Berlin (dpa) - In der NSA-Spähaffäre geht die schwarz-gelbe Koalition in die Offensive gegen die SPD.
Rot-Grün habe 2002 die Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendienstes (BND) mit dem US-Geheimdienst NSA abgesegnet, der heutige SPD-Fraktions- und damalige Kanzleramts-Chef Frank-Walter Steinmeier habe die Grundsatzentscheidung getroffen.
Das sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter am Mittwoch in Berlin. Während die SPD von einem Ablenkungsmanöver und „Nebelkerzen“ sprach, hielten Koalitionspolitiker den Sozialdemokraten vor, sie hätten bewusst falsch gespielt.
Die gemeinsame Fernmeldeaufklärung von NSA und BND im bayerischen Bad Aibling finde auf Basis eines Abkommens (Memorandum of Agreement) vom 28. April 2002 statt, sagte Streiter. „Dieses Dokument ist bis heute die Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen BND und NSA in Bad Aibling. Dieses Abkommen geht zurück auf eine Grundsatzentscheidung des damaligen Chefs des Bundeskanzleramts Frank-Walter Steinmeier.“ Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) werde an diesem Montag im Parlamentarischen Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste ausführlich über das Dokument und die Zusammenarbeit der Geheimdienste berichten, sagte Streiter.
Das Abkommen wurde sieben Monate nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA geschlossen. Der BND hatte schon am Samstag mitgeteilt, die Zusammenarbeit mit der NSA in Bad Aibling basiere auf einer Vereinbarung aus dem Jahr 2002. Spätestens damit war klar, dass die damalige rot-grüne Regierung Mitverantwortung trägt. Der Freiburger Historiker Josef Foschepoth hatte der Nachrichtenagentur dpa darüber hinaus gesagt, alle Nachkriegsregierungen der Bundesrepublik hätten entsprechende Abkommen über eine Zusammenarbeit der Geheimdienste mitgetragen.
Die SPD wehrte sich massiv. „Es ist jämmerlich, wie die Bundesregierung mit Verweis auf den 11. September 2001 versucht sich aus der Verantwortung zu stehlen“, erklärte Steinmeier. „Was an Zusammenarbeit zur Aufklärung eines grauenhaften Verbrechens notwendig war, hat nichts zu tun mit der lückenlosen und flächendeckenden Abschöpfung von Daten unserer Bürgerinnen und Bürger.“ SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sprach von einem „durchsichtigen Versuch“. Die entscheidende Frage bleibe, ob deutsche Dienststellen und Unternehmen von ausländischen Diensten abgehört würden.
Der Vorsitzende des Geheimdienst-Kontrollgremiums des Bundestages, Thomas Oppermann (SPD), meinte, auch neun Wochen nach den Enthüllungen des in Russland untergetauchten früheren NSA-Mitarbeiter Edward Snowden könne die Bundesregierung noch nicht erklären, ob und in welchem Umfang die USA Deutschland ausspähen. „Nach wie vor steht der Vorwurf ungeklärt im Raum, dass ab Oktober 2005 ... eine Totalüberwachung auch in Deutschland stattfindet“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion.
Oppermanns Unions-Amtskollege Michael Grosse-Brömer (CDU) warf der SPD-Spitze dagegen vor, sie erhebe wider besseren Wissens schwerste Vorwürfe und führe deutsche Bürger offenbar bewusst in die Irre. „Sie gaukeln Unwissenheit über Sachverhalte vor, die sie seinerzeit selbst beschlossen haben.“ CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sprach von „purer Heuchelei“ und einem durchsichtigen Wahlkampfmanöver der SPD.
FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte, entweder die SPD habe Bürgerinnen und Bürger gezielt an der Nase herumgeführt - „oder Steinmeier hat Steinbrück ins offene Messer laufen lassen“. Der Fraktionsvize der Linken, Ulrich Maurer, sagte: „Weder Rosa-Grün noch Schwarz-Gelb haben der Überwachung ... einen Riegel vorgeschoben.“ Alle Bundesregierungen hätten den Spitzeleien Tür und Tor geöffnet.