Neue Dimension des Terrors

Der Täter tarnte sich mit einer Polizeiuniform. General Kneip wurde schwer verletzt.

Kundus. Der Terror im deutschen Sicherheitsbereich in Afghanistan erreicht eine neue Dimension. Erstmals machen die Taliban nach Ansicht von Beobachtern vor Ort Jagd auf deutsche Generäle.

Bei einem Sicherheitstreffen deutscher und afghanischer Militärs in der nordafghanischen Provinz Tachar sprengte sich ein Selbstmordattentäter in die Luft und tötete mindestens sieben Menschen, darunter zwei Bundeswehrsoldaten. Generalmajor Markus Kneip, Isaf-Kommandeur im Regionalkommando Nord, wurde schwer verletzt.

Nach Angaben der Bundeswehr in Kundus wurde Kneip mit Verbrennungen und Splitterverletzungen im Einsatzlazarett in Masar i-Sharif behandelt. Er sei nicht in Lebensgefahr und ansprechbar, hieß es. Die Taliban bekannten sich noch am Samstagabend zu der Tat.

Die erste Meldung erreichte die Einsatzkräfte im Bundeswehrlager im knapp 50 Kilometer entfernten Kundus am Samstagnachmittag um 16.40 Uhr Ortszeit. Lange Zeit herrschte Unklarheit über die Situation im Gouverneurspalast, wo sich ranghohe Behördenvertreter und Nato-Militärs zu einem Treffen versammelt hatten.

Der Attentäter sprengte sich in die Luft, als die Delegation den Konferenzraum verlassen wollte. Der Mann soll eine afghanische Polizeiuniform getragen haben. „Die Sicherheitsvorkehrungen im Palast sind nicht sonderlich hoch”, erzählen Soldaten im Bundeswehr-Lager Kundus. Zudem gebe es häufig Probleme bei der Sicherheitsdurchsuchung afghanischer Militärs oder Polizisten. „Je höher der Rang, desto häufiger gibt es Probleme beim Sicherheitscheck”, heißt es.

Möglicherweise nutzten der Attentäter dies aus, um sich unbemerkt der Gruppe zu nähern. Unter den Toten befinden sich auch der Polizeikommandeur für Nordafghanistan, Gen Mohammad Daud Daud, sowie der Polizeichef von Talokan, Schah Dschahan Nuri. Fünf deutsche Soldaten wurden verletzt, eine Bundeswehr-Angehörige soll schwerste Kopfverletzungen erlitten haben. Auch der Gouverneur der Provinz Tachar, Abdul Dschabar Takwa, wurde in ein Krankenhaus gebracht.

In Bundeswehrkreisen wird darüber gerätselt, warum Kneip seinen Besuch im Gouverneurspalast bereits Tage vorher in einem Zeitungsinterview angekündigt hatte — und sich damit womöglich zum leichten Ziel für die Taliban machte. Talokan war kürzlich Schauplatz heftiger Proteste gegen die ausländischen Truppen, in deren Verlauf mehrere Demonstranten getötet wurden.

Noch am Samstagmorgen hatte Kneip an der Trauerfeier für den Soldaten des Ausbildungsschutzbataillons teilgenommen, der am Mittwoch bei einem Anschlag getötet worden war. Hauptmann Markus M. wäre am Samstag 34 Jahre alt geworden. Mit den zwei Getöteten von Samstag hat der Einsatz in Afghanistan bereits 33 Bundeswehrsoldaten das Leben gekostet.

Die Bundeswehr kündigte an, noch am Wochenende zwei Züge mit jeweils 30 bis 40 Soldaten zur Verstärkung der eigenen Kräfte nach Talokan verlegen zu wollen. Auch eine Kompanie der afghanischen Armee sollte in die unruhige Region versetzt werden.