Pakistan boykottiert Afghanistan-Konferenz in Bonn
Islamabad/Washington/Berlin (dpa) - Schwerer Rückschlag für die Afghanistan-Konferenz: Aus Protest gegen einen Nato-Angriff auf zwei pakistanische Militärposten will die Regierung in Islamabad das Treffen in Bonn boykottieren.
Das entschied das Kabinett am Dienstag in einer Sondersitzung, wünschte der Konferenz aber trotzdem viel Erfolg. Die Bundesregierung bedauerte die Absage und will versuchen, Pakistan noch umzustimmen.
Zehn Jahre nach dem Sturz der Taliban will die internationale Gemeinschaft an diesem Montag in Bonn über die Zukunft Afghanistans nach dem Ende des internationalen Kampfeinsatzes 2014 beraten. Es werden Delegationen aus 85 Ländern und von 16 internationalen Organisationen erwartet. Pakistan sollte eigentlich von Außenministerin Hina Rabbani Khar vertreten werden.
Der Nato-Angriff, bei dem am Samstag nach pakistanischen Angaben 24 Soldaten getötet wurden, hat nun zur Absage Islamabads geführt. Die pakistanische Regierung betonte in ihrer Erklärung aber trotzdem ihre Unterstützung für den Prozess der Aussöhnung in Afghanistan.
Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte Verständnis für die Erschütterung Pakistans über den Nato-Angriff. „Aber das sollte doch nicht den Blick dafür verstellen, dass diese Afghanistan-Konferenz ... eine sehr wichtige Konferenz ist.“ Das Auswärtige Amt erklärte, die Absage sei „bedauerlich und unzweifelhaft ein Rückschlag für die Bemühungen um regionalen Ausgleich“.
Ohne die Unterstützung Islamabads gilt es als extrem schwierig, Frieden und Stabilität am Hindukusch zu erreichen. Pakistan gilt als Schlüsselland für alle Fragen, die in Bonn besprochen werden sollen. Dazu zählt der innerafghanische Aussöhnungsprozess genauso, wie die wirtschaftliche Entwicklung und die regionale Stabilität.
Das US-Zentralkommando Centcom kündigte an, die Militäraktion gegen die pakistanischen Grenzposten unter Leitung eines US-Generals und in Zusammenarbeit mit den zuständigen Nato-Stellen aufzuarbeiten. In einer im Internet veröffentlichten Mitteilung heißt es, der Untersuchungsbericht solle bis zum 23. Dezember vorliegen.
Nach einem Bericht der „Washington Post“ vom Dienstag sagen beide Seiten, sie hätten geglaubt, dass sie Rebellen an der Grenze attackierten. Die Zeitung zitierte weiter einen pakistanischen Beamten mit dem Eingeständnis, dass pakistanische Truppen als erste gefeuert hätten. Ihr Angriff habe „verdächtigen Aktivitäten“ in einem Buschgebiet ganz nahe der Grenze gegolten.
Afghanischen Sicherheitsbeamten zufolge, so das Blatt weiter, führten afghanische Kräfte zu diesen Zeitpunkt zusammen mit US-Spezialtruppen eine nächtliche Operation gegen mutmaßliche Taliban-Rebellen durch. Dann seien sie von der pakistanischen Seite der Grenze beschossen worden und hätten dann einen Luftangriff angefordert.
Der pakistanische Beamte seinerseits gab laut der „Washington Post“ an, das US-Militär sei mehrmals gewarnt worden, dass es pakistanische Soldaten seien, die aus der Luft angegriffen würden. Ein ehemaliger US-Regierungsbeamter mit Insider-Kenntnissen sagte der Zeitung zufolge, das pakistanische Militär in der Region sei über die afghanisch-amerikanische Operation gegen die Taliban im Grenzgebiet informiert worden.
Der Nato-Angriff im Stammesgebiet Mohmand an der Grenze zu Afghanistan hat die angespannten Beziehungen zwischen Washington und Islamabad weiter massiv belastet. Vor dem Boykott der Bonn-Konferenz hatte die pakistanische Regierung bereits die wichtige Nachschubroute für die Nato-Truppen in Afghanistan durch Pakistan gekappt. Zudem hatte sie die USA aufgefordert, eine Luftwaffenbasis im Südwesten Pakistans zu räumen.