Papst setzt mit stiller Symbolik ein Zeichen

Franziskus plädiert bei seinem Besuch im Heiligen Land für eine Zwei-Staaten-Lösung.

Bethlehem. Tief versunken steht das Oberhaupt der katholischen Weltkirche vor der mehr als fünf Meter hohen verrußten Betonmauer. Kurzentschlossen, wie es seine Art ist, hatte er sein Papamobil am Sonntag bei einer Fahrt durch Bethlehem stoppen lassen und sich unter die Menge gemischt. In sich gekehrt verharrt er dann am steingewordenen Symbol des Nahost-Konflikts und des Leidens der Palästinenser. Er betet minutenlang.

Als Tragödie hat sein Vorgänger Benedikt XVI. das Bauwerk bezeichnet, mit dem sich Israel vor Angriffen extremistischer Palästinenser schützen will. Franziskus wählt eine ganz schlichte, aber starke Geste: Er berührt den Beton mit der Stirn, so als ob es eine Art palästinensische Klagemauer wäre. Seine Botschaft auf der Reise durch drei Länder ist ebenso schlicht und stark: Menschen brauchen Frieden und keine Mauern.

Franziskus ist als Pilger ins Heilige Land gekommen, um bekannte Stätten seines Glaubens zu besuchen. Am Vorabend hat er in Jordanien eine der möglichen Taufstätten Jesu besucht. Es ist ein Bild der Besinnung.

Nur Minuten später tritt in der Tat der andere Jorge Mario Bergoglio auf, der immer auch das Gewicht seiner moralischen Autorität in die Waagschale wirft und sich über den Gang der politischen Weltgeschäfte entrüstet: Der Papst geißelt die Waffenhändler, die auch am Bürgerkrieg in Syrien ihr schmutziges Geld verdienen. Zugleich lädt er überraschend den Palästinenser-Führer Mahmut Abbas und den israelischen Präsidenten Schimon Peres für Juni zu einem Friedens-Gebet nach Rom ein. Abbas sagte bereits zu.

Dieses mitunter heikle Austarieren zwischen seinem geistlichen Auftrag und den brennenden politischen Anliegen bekommt der Oberhirte von 1,2 Milliarden Gläubigen überzeugend hin. Am Sonntag, bei Treffen mit Palästinensern und den ersten Terminen in Israel, sollte Franziskus diese Kunst wieder aufbringen müssen: Er vertritt keine politische Macht, muss bei dem unablässigen Werben für Frieden immer alle Seiten ansprechen.

Franziskus hält Gläubige und Sicherheitskräfte in Atem, wickelt bis heute ein Riesenprogramm im Heiligen Land ab — drei Tage, drei Länder und dabei nicht weniger als 14 Ansprachen und Predigten. „Das große Ziel“ verfolgt er, predigt er: Es müsse dringend für das seit Jahren blutende Syrien Frieden ausgehandelt werden, und es brauche eine „gerechte“ Lösung für den Konflikt zwischen den Israelis und den Palästinensern. Der für eine Friedensregelung notwendige Mut besteht nach Einschätzung des Papstes darin, „dass alle das Recht zweier Staaten bejahen, innerhalb anerkannter Grenzen zu existieren und Frieden und Sicherheit zu genießen“.