Regierungserklärung zur Krim-Krise: Die Krisenkanzlerin ist zurück
Angela Merkel kommt im Dialog mit Russland eine Schlüsselrolle zu. Sie macht Moskau neue Vermittlungsangebote.
Berlin. Angela Merkel erlebt im Bundestag ein seltenes Glück: Während ihrer Regierungserklärung zur Krim-Krise und der Lage in der Ukraine klatschen bei einer Passage nicht nur die oppositionellen Grünen, sondern vereinzelt sogar ein paar Linke. „Ein militärisches Vorgehen ist keine Option“, lautet der Satz der Kanzlerin, der fast einhellig von den Abgeordneten mit Beifall unterstützt wird. Das ist Merkels zentrale Botschaft an die vielen Bürger, die Angst haben, dass der Konflikt mit Russland außer Kontrolle geraten könnte. Merkel beruhigt. Merkel fordert in ihrer Rede aber auch, sie droht und macht zugleich Türen auf — die Krisenkanzlerin ist zurück.
Im dunklen Hosenanzug betritt sie das Parlament. Wählt sie eine solche Farbe, ist das ein untrügliches Zeichen dafür, dass sie den Anlass ihrer Erklärung selbst als besonders wichtig empfindet. Es ist nicht übertrieben, wenn man sagt: Die Augen der internationalen Gemeinschaft ruhen auf dem deutschen Parlament. Denn die Kanzlerin ist die einzige aus dem Kreis der Mächtigen, die noch Einfluss auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin hat. Merkel, die Russland- und Putin-Versteherin. Für sie ist dieser Druck nichts Neues.
In der Krise blickte ganz Europa auf die Frau aus der Uckermark: Es geht um die Verletzung des Völkerrechts, vielleicht sogar um Krieg und Frieden. Auf der Zuschauertribüne hört der ukrainische Botschafter Pavlo Klimkin genau zu. Die Kanzlerin betont, Europa sei in einer „spannungsgeladenen und gefährlichen Situation“. Russland habe sich nicht als Partner Europas erwiesen, sondern die „Schwäche“ der Ukraine ausgenutzt und die staatliche Einheit des Landes „ganz offen infrage gestellt und verletzt“.
Moskau sei damit in Zeiten der Konflikte „um Einflusssphären und territoriale Ansprüche“ zurückgefallen. In der globalisierten Welt ließen sich Interessenkonflikte aber nicht mehr dadurch überwinden, dass man sich der Muster des 19. und 20. Jahrhunderts bediene. Keiner wünsche sich, dass die von der EU geplanten Sanktionen umgesetzt würden. „Doch wir alle wären zu ihnen bereit“, droht Merkel. Entschlossene Worte sind das.
Sie fordert Moskau noch einmal zu Verhandlungen „mit Resultaten“ auf. Merkel macht Angebote — und ködert Putin: Beispielsweise bietet sie neue Wirtschaftsabkommen an. Immer wieder erhält sie dafür auch Applaus aus den Reihen der Opposition.
Bleibt die Frage, was passiert, wenn die Krim sich am Sonntag zwar für Russland entscheidet, Putin anschließend aber alle Forderungen der internationalen Gemeinschaft nach Gesprächen erfüllt. Wie dann reagieren? Der CDU-Politiker Hans-Georg Wellmann erwähnt in seiner Rede diesen wichtigen Aspekt. Darauf hat auch Merkel keine Antwort.