Südamerika im Drogensumpf
Mächtige Drogenkartelle legen inzwischen ganze Staaten lahm. Die USA heizen den Konflikt an.
Düsseldorf. In Mittel- und Südamerika tobt ein blutiger Kampf um die Vorherrschaft im Drogenhandel. Mächtige Kartelle bekriegen sich gegenseitig um Schmuggelwege in die USA. Auch Schutzgelderpressung, Raub und Auftragsmorde gehören zum Repertoire der Banden, die der Polizei häufig zahlenmäßig überlegen sind. In einigen Ländern wie Guatemala gilt die Kriminalität inzwischen als staatsbedrohend.
Der Schweizer Andreas Böhm lebt seit 15 Jahren in Süd- und Mittelamerika. In einem deutschen Verlag erschien jetzt sein Buch „Teuflische Schatten“, für das er zwei Jahre lang im Umfeld der Drogenbanden recherchierte.
Herr Böhm, wo tobt der Drogenkrieg zurzeit am schlimmsten?
Andreas Böhm: Am meisten Sorgen sollte man sich um Guatemala, El Salvador und Honduras machen. Das sind Staaten mit hohen Armutsraten, korrupten Strukturen und einem staatsbedrohenden Kriminalitätsproblem. Nach Auffassung vieler politischer Beobachter ist speziell Guatemala nicht mehr weit vom Staatskollaps entfernt.
Wie konnten die Banden so mächtig werden?
Böhm: Das Drogengeschäft wirft jährlich Milliardengewinne ab. Die chronische Korruption in vielen lateinamerikanischen Ländern hat es den Kartellen dadurch relativ leicht gemacht, sich Einfluss in staatlichen Institutionen zu erkaufen. Für viele Menschen geht es aber auch schlicht um ihre Existenz. Etwa für einen Kleinbauern im bolivianischen Hochland, der nur durch den Anbau von Coca-Blättern einigermaßen seine Familie ernähren kann.
Es heißt, dass die Abschiebepolitik der USA den Konflikt verschärft.
Böhm: Es stimmt, dass viele kriminelle mittelamerikanische Jugendbanden ihren Ursprung in den Ghettos und Gefängnissen US-amerikanischer Großstädte haben. Was den Drogenkrieg in Südamerika aber am meisten anheizt, ist die enorme Nachfrage nach Drogen in den USA.
Warum wird die Bevölkerung immer stärker in die Auseinandersetzung hineingezogen?
Böhm: Nehmen wir den Fall Mexikos, wo die Drogenkartelle als regelrechte paramilitärische Einheiten operieren. Immer wieder kommt es vor, dass Wirtschaftsflüchtlinge aus Zentral- und Südamerika, die sich auf dem Weg in die USA befinden, von diesen Banden gezielt abgefangen werden. Man stellt diese Menschen dann vor die Wahl, entweder für ein bestimmtes Drogenkartell zu arbeiten, oder auf der Stelle exekutiert zu werden.
Was muss aus Ihrer Sicht passieren, um den Banden das Handwerk zu legen?
Böhm: Ein Schritt in die richtige Richtung wäre sicherlich eine Teil-Legalisierung gewisser Drogen und Vertriebsmöglichkeiten unter bestimmten Bedingungen. Damit würden die Preise in den Keller fallen und die Drogenkartelle verlören die finanzielle Basis für ihr bisheriges „Geschäftsmodell“. Selbst der Präsident Kolumbiens, Manuel Santos, hat sich kürzlich für eine Wiederaufnahme dieser Diskussion ausgesprochen. Doch dagegen sperren sich vor allem die USA unter Präsident Obama, der es sich momentan nicht leisten kann, der Opposition noch zusätzliche Munition gegen ihn zu liefern. Die partielle Legalisierung ist aber natürlich auch kein Allheilmittel.
Was würden Sie Urlaubern raten, die sich in einem der stark betroffenen Länder aufhalten?
Böhm: Widersetzen Sie sich nie einem Räuber. Es lohnt sich nicht, für eine Halskette oder einen Fotoapparat sein Leben aufs Spiel zu setzen.