Ungarn schränkt Pressefreiheit ein
Budapest (dpa) - Das EU-Land Ungarn schränkt die Pressefreiheit ein. In der Nacht zum Dienstag beschloss das Parlament in Budapest ein Mediengesetz, das Kritiker im In- und Ausland als Instrument der Zensur bezeichnen.
Damit nimmt die neue Medienbehörde NMHH auch private Fernseh- und Radiosender sowie Zeitungen und Internetportale unter ihre Kontrolle. NMHH überwacht bereits seit letztem Sommer die öffentlich-rechtlichen Medien. Hohe Bußgelder bei Verstößen gegen das neue Gesetz könnten private Medien in den Ruin treiben. Die Macht der Medienbehörde wurde zudem in der Verfassung verankert.
NMHH steht über ihre Präsidentin Annamaria Szalai, die vom Ministerpräsidenten Viktor Orban persönlich für neun Jahre ernannt wurde, faktisch unter der Kontrolle der Regierung. Der NMHH-Vorstand besteht ausschließlich aus Vertretern der rechtsnationalen Regierungspartei FIDESZ. Orban, zugleich FIDESZ-Vorsitzender, kam bei der Parlamentswahl im April dieses Jahres an die Macht.
Das Parlament verankerte zudem die Macht der umstrittenen Medienbehörde in der Verfassung. Demnach darf der Präsident der NMHH ohne parlamentarische Kontrolle Verordnungen und Vorschriften erlassen. Beide Beschlüsse fielen mit der Zweidrittelmehrheit der regierenden rechtsnationalen Partei FIDESZ.
Die privaten Medien können von der NMHH mit hohen Geldstrafen belegt werden, wenn sie mit ihren redaktionellen Inhalten gegen vage definierte Vorschriften verstoßen. Diese Bußgelder könnten manche Medien wirtschaftlich ruinieren. Quotenstarke Fernsehsender können mit bis zu 200 Millionen Forint (ca 730 000 Euro) belangt werden, weniger verbreitete Sender mit 50 Millionen Forint, Tageszeitungen und Internetportale mit 25 Millionen Forint und Wochenzeitungen mit 10 Millionen Forint. Zudem kann die Kontrollbehörde gegen die Geschäftsführer der jeweiligen Medien persönlich Bußgelder von zwei Millionen Forint verhängen. Die Betroffenen können anschließend vor Gericht gegen die Bußgeldbescheide Einspruch erheben.
Ferner sieht das Gesetz vor, dass NMHH in Redaktionen ermitteln und dabei auch als Betriebsgeheimnis geltende Dokumente einsehen und kopieren kann. Nach Ansicht von Kritikern ist dadurch der Schutz der Informanten von Journalisten in Gefahr. Das Mediengesetz enthält zudem Richtlinien zu Programminhalten: „Politische Propaganda“ ist außerhalb der Wahlkampfzeiten nur dann erlaubt, wenn sie mit bereits ausgeschriebenen Volksbefragungen zusammenhängt.