Wahlschlappe: Putin ist angeschlagen

Der russische Regierungschef lässt Dmitri Medwedew die Niederlage schönreden.

Moskau. Mit säuerlicher Miene betritt der russische Regierungschef Wladimir Putin nach der Parlamentswahl das Stabsquartier seiner Kremlpartei Geeintes Russland. Dem 59-Jährigen, der sich gern in Erfolgen sonnt, ist die Enttäuschung über den dramatischen Verlust von 77 Sitzen in der Staatsduma anzusehen. Nicht einmal die international kritisierten Wahlmanipulationen haben die Unzufriedenheit vieler Russen völlig kaschieren können.

Zwar redet Putin vor laufenden Kameras des Staatsfernsehens von einem „optimalen Ergebnis in schlechten Zeiten“. Die Partei hält die absolute Mehrheit und kann alleine regieren. Aber Kommentatoren sprechen von einer Wahlschlappe, einem Denkzettel für die „gelenkte Demokratie“, wie sie Putin selbst nennt. Es ist wohl der bisher größte Dämpfer in der politischen Karriere des Ex-Geheimdienstchefs, der 2012 in den Kreml zurückkehren will. Zwar sieht keiner ernsthaft ein nahendes Ende der Putin-Ära. Aber die Zeiten immer neuer Bestmarken für Putin dürften vorbei sein.

„Die Unterstützung für Putin selbst war traditionell immer höher als der Rückhalt für seine Partei Geeintes Russland“, sagt der Politologe Sergej Markow. Putin steht wegen seiner Durchsetzungskraft weiter hoch im Kurs bei vielen Russen. Dass er bei der Präsidentenwahl am 4. März in erster Runde die absolute Mehrheit schafft, daran gibt es derzeit keinen Zweifel in Moskau.

Doch nach dieser Wahl sind die Gesichtszüge Putins, dem Medien zuletzt immer wieder verjüngende Schönheitskorrekturen nachsagten, düster. Der seit mehr als zehn Jahren regierende Machtpolitiker zeigt sich neben seinem frisch lächelnden politischen Ziehsohn, Kremlchef Dmitri Medwedew, müde und angeschlagen. Es ist nicht Putin, sondern der offizielle Partei-Spitzenkandidat Medwedew, der das Ergebnis von Geeintes Russland schönreden muss.

Wies Putin 2007 noch selbst harsch die Kritik internationaler Beobachter an den undemokratischen Wahlen zurück, so übernahm die Rolle diesmal der 46 Jahre alte Jurist Medwedew. Alles sei ehrlich, sauber und demokratisch abgelaufen. Dabei sind die Beweise für die Fälschungen im großen Stil erdrückend. Das Staatsfernsehen zeigte am Sonntag sogar gleich in mehreren Regionen Ergebnisse von deutlich über 100 Prozent Stimmabgabe.

Auch viele Moskauer Medien schrieben von den schmutzigsten und skandalösesten Wahlen in Russland. Doch die tief gespaltene russische Opposition hat der Moskauer Machtführung bisher nicht die Stirn bieten können, wie Experten immer wieder betonen.

Es bleibe also vorerst dabei, auf die von Medwedew angekündigte Modernisierung Russlands und Verjüngung des Machtapparats zu hoffen, sagte der Politologe Markow. Bei aller Kritik an den Kremlfunktionären gilt keine andere Partei als annähernd konkurrenzfähig.