Warum der Irak zu zerfallen droht

Nach Abzug der US-Truppen ist nie Frieden eingekehrt. Nun stürzen Dschihadisten die ganze Region ins Chaos.

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Bagdad. Der Irak wird von Dschihadisten überrannt und von einem zunehmend hilflosen Ministerpräsidenten regiert. Die Welt beobachtet mit Sorge, wie das Land zerfällt — viele der Probleme sind aber hausgemacht. Das sind die sechs Gründe:

Die USA haben nach Einschätzung von Experten zwei Fehler gemacht: Sie marschierten wegen vermeintlicher Beweise für die Produktion von Massenvernichtungswaffen in den Irak ein — und zogen dann zu früh ab. So klar das Ziel war, Hussein zu stürzen — übrig blieb eine ethnisch und religiös zersplitterte Bevölkerung. Auf die „Operation Iraqi Freedom“ folgte Gewalt zwischen Sunniten und Schiiten.

Der Schiit Nuri al-Maliki führt den Irak seit acht Jahren als Ministerpräsident — und wirkt dabei eigenwillig und hilflos. Mit den autonomen Kurden im Norden ist er im Dauerstreit, die Sunniten im Westen und Süden fühlen sich unterdrückt.

Die Arroganz, mit der die irakischen Truppen geführt werden, ebnete den Weg für die Isis-Kämpfer. 800 000 irakische Soldaten versagen vor vielleicht 10 000 Extremisten: Die sunnitischen Soldaten wollten laut Sicherheitsexperten ihren Kopf nicht für Al-Maliki hinhalten, die schiitischen Soldaten wurden in Bagdad zusammengezogen. Auch Teile der sunnitischen Bevölkerung schauten dem Isis-Durchmarsch schweigend zu.

Die Iraker beobachteten den Arabischen Frühling 2011 mit stillem Interesse. Weniger, weil sie selbst von einer Revolution träumten, sondern um zu sehen, welche Folgen der Zusammenstoß von Aktivisten und Despoten für die Region hat. Isis ist ein Kind des Irakkriegs (2003-2011) und wurde im syrischen Bürgerkrieg groß.

Die konfessionellen Grabenkämpfe im Irak gehen zurück auf jahrhundertealte Hoheitsansprüche: Arabische Sunniten aus Saudi-Arabien, persische Schiiten aus dem Iran und türkische Sunniten buhlen um Einfluss in der Region. Die Eigenständigkeit wurde beendet, als Engländer und Franzosen 1916 willkürliche Grenzen in die Wüste zogen.

Die Kurden waren im Spiel der Mächte immer die Verlierer. Erst mit der US-Invasion 2003 konnten sie eine Autonomieregion im Nordirak errichten. Allerdings leben viele Kurden in den irakischen Städten Mossul und Kirkuk. Als diese Städte von irakischen Soldaten verlassen wurden, stieß die Peschmerga in das Vakuum vor. Sie will ihre Eroberung — der ölreichste Landstrich des Iraks — nicht wieder an Bagdad zurückgeben.