Berlin. Wenn Kleider nicht nur Leute, sondern gleich auch Koalitionen machten, dann wäre manches sehr viel einfacher an diesem Nachmittag in der Berliner Hiroshimastraße. Kanzlerin Angela Merkel hat sich hoffnungsfroh in einen petrol-grünen Blazer geworfen. Guido Westerwelle, ganz rheinische Frohnatur, hat eine sehr nach königlich bayrischem Blau aussehende Krawatte umgebunden, und Horst Seehofer seine Beißlust auf alles Liberale mit einem schwarz-gelb gemusterten Binder geknebelt.
Die über das Textile hinausreichende Botschaft der Delegationschefs von CDU, FDP und CSU zum Start der Koalitionsverhandlungen in der nordrhein-westfälischen Landesvertretung war somit klar: Wird schon werden mit uns, lasst uns nur mal machen.
Nach einem halbstündigen Vorgespräch traten Merkel, Seehofer und Westerwelle um kurz nach drei gemeinsam wieder vor die gläserne Front des lichten Bauwerks, um Optimismus zu verströmen und Sätze zu sagen wie diese: "Wir werden diese Koalitionsgespräche in guter Partnerschaft, in großer Fairness miteinander führen, natürlich in dem Bewusstsein, dass es auch Unterschiede gibt, aber vor allen Dingen in dem Bewusstsein, dass wir von den Wählern einen Auftrag bekommen haben, gemeinsam für dieses Land vernünftige Politik zu machen." (Merkel).
Oder: "Jede neue Regierung ist ein neuer Anfang und wir wollen mehr Mut zur Zukunft schaffen." (Westerwelle). Oder: "Ich denke, wir werden am Ende unserer Gespräche eine sehr gute Koalitionsvereinbarung hinbekommen." (Seehofer).
Und was sagt man sonst so? Zunächst ist interessant, wer an diesem Tag was sagt und wenigstens halbwegs locker tut vor der Armada von Kameras und Mikrofonen. Und wer den Scheuklappenblick aufsetzt und schweigt. Zu den Schweigern zählt neben dem bayerischen Umweltminister Markus Söder ganz gegen seine Gewohnheit Hessens CDU-Ministerpräsident Roland Koch.
Geradezu lässig dagegen die Auftritte von Fraktionschef Volker Kauder ("Wir werden uns erstmal mit der Lage in Deutschland vertraut machen") und CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer ("Ich habe sehr gute Laune heute").
Jürgen Rüttgers, als NRW-Ministerpräsident Gastgeber und Hausherr in einer Person, sagt, dass er nicht allein zuständig sei, "Zumutungen" abzuwehren und meint damit wohl diese und jene Idee einer überehrgeizigen FDP; da gebe es auch noch andere.
So betrachtet, könnte der Hinweis von CSU-Chef Horst Seehofer, als einziger schon 16Jahre Koalitionserfahrung mit der FDP in Bonn und ein Jahr in München zu besitzen, fast als Drohung verstanden werden. Mag Guido Westerwelle auch betonen, dass alle Meinungsverschiedenheiten "überbrückbar" seien - Seehofer stellt sich auf alles ein: "Es gibt keine einfachen Koalitionsrunden."