Brasilien – die größte Baustelle der Welt

Präsidentin Dilma Rousseff will das Wirtschaftswunder ihres Vorgängers Lula weiter ausbauen.

São Paulo. In der deutsch-brasilianischen Industrie- und Handelskammer zu São Paulo ist man zufrieden: Mit der Wahl Dilma Rousseffs zur Präsidentin, so die Hoffnung bei 800 deutschen Unternehmen in der 20-Millionen-Stadt, kann Brasilien seinen Weg des Aufschwungs weiter gehen.

"Brasilien ist das China der 70er Jahre", vergleicht Lars Grabenschröer, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Kammer, den Wirtschaftsboom hier wie dort. "Deutschland ist in Brasilien der drittgrößte Investor, und ein hoher Zinssatz sorgt weiterhin für Attraktivität."

Deutsche Unternehmen erwirtschaften rund zehn Prozent des Inlandsproduktes in Brasilien. VW zum Beispiel verkauft mehr Autos in Brasilien als in Deutschland - und machte dabei 2009 16 Milliarden Euro Umsatz.

Möglich gemacht hat das Wirtschaftswunder der 1994 unter Präsident Cardoso eingeführte Real, die erste stabile Währung seit Jahrzehnten. Unter dem scheidenden Präsidenten Lula ist es dem Land am Amazonas gelungen, die Hyperinflation zu stoppen und die Schuldenlast einzudämmen. Die neue Staatschefin hat Brasilien am Abend ihrer Wahl unter Tränen versprochen, sie werde nicht ruhen, so lange Brasilianer an Hunger litten. Fast ein Fünftel der 194 Millionen Brasilianer lebt in Armut.

Ende des nächsten Jahrzehntes will Brasilien 300 Milliarden Euro allein in Infrastruktur verbaut haben - Handelskammer-Vertreter Grabenschröer spricht von der "größten Baustelle der Welt". Der Großteil muss in den nächsten fünf Jahren aus der Erde gestampft werden - 2014 wird die Fußball-WM ausgetragen, zwei Jahre später ist Rio de Janeiro Gastgeber der Olympischen Spiele, und es fehlt noch spürbar an Flughäfen, Seehäfen, Straßen und Schienennetzen.

An der Copacabana, Rios weltberühmtem Sandstrand, werden bereits die farbenfrohen Strandpavillons abgebaut und durch moderne Kioske aus Glas und Edelstahl ersetzt - mit Sanitäreinrichtungen im Untergeschoss. Einmal Sand abduschen kostet 50 Euro-Cent - was die Caipirinha-Mixer für ihre alten Büdchen bekommen und für die neuen Glaspaläste zuzahlen müssen, war nicht zu erfahren.