Düsseldorf. Es ist vor allem den Vorarbeiten des nordrhein-westfälischen FDP-Landesvorsitzenden Andreas Pinkwart zu verdanken, dass die Liberalen bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin nun den ganz großen sozialpolitischen Wurf in die Verhandlungen einbringen können: das sogenannte liberale Bürgergeld. Pinkwart, der auch FDP-Bundesvize ist, hatte den Vorsitz der "Kommission Bürgergeld - Negative Einkommensteuer", deren Konzept auf dem Bundesparteitag 2005 beschlossen wurde.
Die Idee ist durchaus spannend. Grundsätzlich geht sie auf den großen Ökonomen Milton Friedman zurück, der in den 60er Jahren eine negative Einkommensteuer vorschlug. Steuerpflichtige, deren Einkommen unter einer bestimmten Grenze liegt, würden die Differenz bis zu dieser Grenze vom Finanzamt überwiesen bekommen - und zwar ohne Überprüfung der Bedürftigkeit. Interessanterweise ähnelt dieses Modell frappierend dem "bedingungslosen Grundeinkommen", das im Oktober 2007 von den realpolitisch ausgerichteten Grünen in Baden-Württemberg beschlossen wurde.
Da sind FDP und Grüne also, obwohl sonst spinnefeind, gar nicht so weit auseinander - mit einem Unterschied: Das Modell der Freidemokraten ist an die Bedürftigkeit der potenziellen Empfänger geknüpft.
In erster Linie geht es um den Abbau von Bürokratie. Statt vieler Behörden sollen künftig die Finanzämter prüfen, ob jemand Anspruch auf steuerfinanzierte Leistungen hat wie etwa ArbeitslosengeldII, Kindergeld oder Bafög. Diese würden dann quasi in einen Topf geworfen und mit der Steuerschuld des Empfängers - so vorhanden - verrechnet. Man erhielte so ein transparentes Transfersystem aus einem Guss.
Bedürftig ist nach FDP-Lesart allerdings nur der, "der nicht oder nur teilweise in der Lage ist, das (...) Existenzminimum aus eigener Kraft zu erwirtschaften". So ist es im Pinkwart-Papier definiert. Berücksichtigt würde also auch Vermögen oberhalb bestimmter Freibeträge.
Neben dem Bürokratieabbau geht es den Liberalen auch um Leistungsanreize. Wer arbeitet, soll mehr Geld erhalten als der, der nicht arbeitet. Das frühere Modell der Sozial- und Arbeitslosenhilfe hatte faktisch eine Lohnuntergrenze definiert, unterhalb der es nicht lohnenswert war, eine Arbeit aufzunehmen. Wegen der Möglichkeiten, sich etwas hinzuzuverdienen, gingen die Hartz-Reformen dann schon in die richtige Richtung - der FDP allerdings nicht weit genug.
Heute sieht es so aus: Wer Arbeitslosengeld II (Hartz IV) erhält und bis zu 400 Euro hinzuverdient, darf davon nur 60 Euro (15Prozent) behalten. Beim Bürgergeld wären es 40 Prozent. Ziel ist es, dem Bürgergeldempfänger immer einen finanziellen Anreiz zu geben, nach höherem Einkommen zu streben. Und andersherum: Wer arbeiten kann, aber nicht will, dem wird die Pauschale zum Lebensunterhalt gekürzt, um bis zu zwei Mal 30 Prozent.