Prognose vor der Bund-Länder-Konferenz Erste Schulen und Kitas machen bald wieder auf
Berlin · Schulen und Kitas werden ein zentrales Thema beim nächsten Corona-Krisen-Gipfel am Mittwoch sein. In welche Richtung es gehen könnte, zeigen ein Beschluss der Kultusminister und erste Entscheidungen auf Landesebene.
Die Kultusminister der Länder sprechen sich bei weiter sinkenden Corona-Zahlen dafür aus, dass die Schulen ab der kommenden Woche schrittweise wieder aufmachen. Einen entsprechenden Beschluss fassten sie am Montagabend in einer Schaltkonferenz, der am Dienstag veröffentlicht wurde. „Die negativen Folgen von Schulschließungen für die Bildungsbiografien und die soziale Teilhabe von Kindern und Jugendlichen müssen begrenzt werden“, heißt es in dem Papier.
Erste Entscheidungen in den Ländern fallen bereits: Sachsen, das im Dezember als erstes Bundesland flächendeckende Schul- und Kitaschließungen angeordnet hatte, kündigte am Dienstag auch als erstes an, Grundschulen und Kitas ab kommenden Montag in einem eingeschränkten Betrieb wieder zu öffnen. Kultusminister Christian Piwarz (CDU) teilte das nach einer Kabinettssitzung mit.
Die brandenburgische Bildungsministerin und derzeitige Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Britta Ernst, sagte: „Die KMK hat einstimmig beschlossen, dass beginnend ab dem 15. Februar 2021 nach den Abschlussklassen auch die unteren Jahrgänge wieder zur Schule gehen sollen, wenn die gute Entwicklung der Inzidenzwerte anhält.“ Dies gebe man der Ministerpräsidentenkonferenz mit auf den Weg.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder beraten an diesem Mittwoch über das weitere Vorgehen nach dem bis Ende dieser Woche befristeten Lockdown. Die meisten Kitas und Schulen in Deutschland sind seit Mitte Dezember geschlossen oder nur in stark eingeschränktem Betrieb. Für Abschlussklassen gibt es Ausnahmen und für Kita-Kinder und Grundschüler Betreuungsangebote, wenn Eltern keine anderen Möglichkeiten haben. In Niedersachsen findet seit Januar an Grundschulen auch bereits in eingeschränkter Form Unterricht statt.
Bei den regelmäßigen Krisengesprächen zwischen Bund und Ländern über die Corona-Maßnahmen werden im Bereich Schulen und Kitas nur Rahmenvereinbarungen getroffen. Das konkrete Vorgehen regeln die Länder in Verordnungen selbst, weil sie für Bildungseinrichtungen selbst zuständig sind.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident und CDU-Chef Armin Laschet sagte am Dienstag im Düsseldorfer Landtag, Schulen und Kitas seien das „entscheidende Thema“ bei den Bund-Länder-Beratungen mit Merkel. Man könne so viele Tablets anschaffen wie man wolle: „Das Homeoffice für Kinder ist kein guter Lernort.“
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte: „Wir gehen jetzt erstmal stufenweise vor. Priorität haben Kindertagesstätten und Grundschulen. Darin besteht Konsens zwischen Kanzlerin und Ministerpräsidenten.“
Im Beschluss von Montagabend wird mit Blick auf mögliche Lockerungen an den Schulen auf den Stufenplan der KMK von Anfang Januar verwiesen. Dieser empfiehlt, dass der Schulbetrieb je nach Infektionslage beginnend mit den Grundschülern schrittweise wieder aufgenommen wird. Anschließend sollen ältere Schüler zunächst im Wechselmodell zurück an die Schulen. Dabei werden Klassen geteilt und abwechselnd in der Schule und zu Hause per sogenanntem Homeschooling unterrichtet.
„Im Interesse einer ausreichenden Planungssicherheit für alle Beteiligten und mit Blick auf den organisatorischen Aufwand für die Schulen sind Perspektiven für Schulbetriebsmodelle anzustreben, die bis Ostern Gültigkeit haben“, heißt es im aktuellen Beschluss der Kultusminister.
Nach Ansicht von Experten könnten die wochenlangen Schulschließungen für viele Schüler weitreichende negative Folgen haben. Sie führten nicht nur zu Leistungsverlusten, sondern gerade für Kinder „aus bildungsfernen Schichten“ sei Schule oft einer der wichtigsten sozialen und emotionalen Bezugspunkte, sagte OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher der Deutschen Presse-Agentur. Für diese Schüler und kleine Kinder, für die digitales Lernen keine Alternative sei, wüchsen die Risiken „überproportional zur Länge des Lockdowns“.
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, warnte vor „massiv verschlechterten Zukunftschancen“. Bei den betroffenen Schülern wachse die Gefahr, keinen Schulabschluss oder zumindest den angestrebten Abschluss nicht mehr zu erreichen. Die Bundesschülerkonferenz verwies auf andere Folgen: Ständig allein zu Hause zu sitzen, sei psychisch zermürbend, sagte Generalsekretär Dario Schramm dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag).
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hatte bei Kitas zuletzt für vorsichtige Öffnungsschritte plädiert und vor negativen Auswirkungen langfristiger Einschränkungen gewarnt. Die SPD-Politikerin sprach Probleme wie Bewegungsmangel, psychische und seelische Belastungen, fehlende Bildungsgerechtigkeit und die fehlende Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei geschlossenen Einrichtungen an.