CDU-Generalsekretär Pofalla im WZ-Interview: „Das Konservative ist und bleibt eine unserer Wurzeln“
CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla windet sich bei der Frage nach der Herdprämie. Er betont die Wahlfreiheit der Eltern.
Herr Pofalla, im Entwurf für das neue Grundsatzprogramm sticht vor allem das modernisierte Familienbild hervor. Aktuell spiegelt die Union mit Ausnahme von Ursula von der Leyen in den Diskussionen über Unterhaltsrecht oder Krippenbetreuung aber das alte Leitbild.
Pofalla: Es geht nicht um altes oder neues Leitbild, sondern darum, echte Wahlfreiheit für Eltern zu gewährleisten. Im Grundsatzprogramm sprechen wir uns deshalb für die Weiterentwicklung des Ehegattensplittings zum Familiensplitting durch eine Kinderkomponente aus sowie für den bedarfsgerechten Ausbau von Betreuungseinrichtungen aller Altersklassen. Kindergartenplätze wollen wir mittelfristig beitragsfrei anbieten.
Immer mehr Spitzenpolitiker der Union leben selbst nicht nach dem Leitbild der Ehe. Sie sind wie Angela Merkel, Christian Wulff oder Sie selbst geschieden oder haben beziehungsweise erwarten wie Markus Söder und Horst Seehofer ein uneheliches Kind.
Pofalla: Ehe und Familie bleiben unser Leitbild, weil wir glauben, dass in der Familie Werte gelebt werden, die die Gesellschaft insgesamt zusammenhalten. Wir verschließen aber nicht die Augen davor, dass es andere Formen des Zusammenlebens gibt und dass Ehen auch scheitern können.
Warum hat die Familienministerin es so schwer, sich mit ihren lebensnahen Vorstellungen in der Partei durchzusetzen?
Pofalla: Moment. Der Ausbau der Kinderbetreuung ist unser Baby. Die Tatsache, dass wir 750 000 Krippenplätze bis 2013 bekommen, ist ein phänomenaler Erfolg von Ursula von der Leyen.
Obendrauf sattelt die Union die Betreuungsprämie, die gerade kritisiert wird, weil sie problematische Eltern ermuntern würde, ihre Kinder nicht in Krippen zu geben, sondern vor den Fernseher zu setzen und Geld dafür zu bekommen.
Pofalla: Prinzipiell ist es richtig, dass die Entscheidung für die Erziehung zuhause finanziell gefördert wird. Priorität hat jetzt der Ausbau der Krippenplätze, denn da gibt es enormen Nachholbedarf. Das Betreuungsgeld ist ein Plan für 2013.
Ursula von der Leyen wollte keine Betreuungsprämie, sondern auch den Kindern früh eine Chance auf Bildung geben, deren Eltern sich nicht um sie kümmern.
Pofalla: Ursula von der Leyens Grundgedanke ist die Wahlfreiheit. In Deutschland entscheiden immer noch die Eltern selbst, wie sie ihre Kinder erziehen. Nur in Extremsituationen, in denen Kinder verwahrlosen oder misshandelt werden, muss der Staat eingreifen.
Entschuldigung, aber Frau von der Leyen hat den Betreuungsausbau explizit auch mit chancenlosen Kindern begründet und gesagt: Wir dürfen kein Kind aufgeben.
Pofalla: Das ist richtig, trotzdem entscheiden in erster Linie die Eltern, wie sie ihre Kinder erziehen. Und der Staat muss die Voraussetzungen schaffen, dass Eltern ihren Aufgaben auch nachkommen können.
Was ist eigentlich noch konservativ an der CDU?
Pofalla: Das Konservative ist und bleibt eine unserer Wurzeln. Nehmen Sie nur den Begriff der Leitkultur im Grundsatzprogrammentwurf: Die Beherrschung der deutschen Sprache, das Bekenntnis zum Grundgesetz, zur Nationalhymne und zur deutschen Flagge sind für uns Grundlagen unseres Zusammenlebens.
Rückt die Gesellschaft insgesamt nach links?
Niederrheiner Ronald Pofalla wurde im Mai 1959 in Weeze geboren. Er studierte Sozialpädagogik und Jura, arbeitet seit 1991 als Rechtsanwalt.
Parteiämter Seit 1975 ist er Mitglied der CDU. Zunächst engagierte er sich in der Jungen Union, deren Landeschef in NRW er von 1986 bis 1992 war. Er war von 2004 bis 2005 Fraktionsvize der Union im Bundestag und ist seit 2006 Generalsekretär der CDU.