Washington. Im Kampf gegen die umstrittenen Verhörmethoden der CIA zeichnet sich ein drastischer Kurswechsel ab. Nachdem sich US-Präsident Barack Obama lange Zeit geweigert hatte, Geheimdienstagenten strafrechtlich verfolgen zu lassen, hat er nun der Berufung eines Sonderstaatsanwalts zugestimmt, der Vorwürfe von Misshandlung und Folter nachgehen und die Verantwortlichen zur Rede stellen soll. Ausgelöst wurde die Wende durch haarsträubende Einzelheiten eines nach einer erfolgreichen Klage von Menschenrechtsorganisationen nun veröffentlichten Geheimdienstberichts.
Auf 154 Seiten beschreibt der aus dem Jahr 2004 stammende Bericht des CIA-Generalinspekteurs, wie Geheimdienst-Mitarbeiter und Angestellte privater Sicherheitsfirmen versuchten, bei Terrorverdächtigen Geständnisse zu erzwingen.
Unter anderem hielt man Abdel Rahim al Nashiri, einem der Drahtzieher der Anschläge auf das Kriegsschiff USS Cole sowie die US-Botschaften in Uganda und Tansania, eine elektrische Bohrmaschine an den Kopf. Chalid Scheich Mohammed, der die Terroranschläge vom 9. September 2001 vorbereitet haben soll, musste um das Leben seiner Familie bangen.
Ihm wurde gesagt: "Wir werden deine Kinder töten." Anderen Häftlingen wurde damit gedroht, dass sie zusehen müssten, wie ihre Mütter vergewaltigt werden. Auch das sogenannte Waterboarding, das simulierte Ertränken von Terrorverdächtigen, war offenbar noch brutaler als bisher angenommen. Bei einzelnen Häftlingen wurde es mehr als 100 Mal angewandt.
Obama hatte bisher bekräftigt, man wolle "den Blick nach vorne richten", anstatt sich Verbrechen aus der Vergangenheit zuzuwenden. Nach Darstellung eines leitenden Regierungsmitarbeiters sollen aber "erschreckende Einzelheiten aus der Studie die Empörung des Präsidenten auf einen Höhepunkt getrieben" haben.
Obamas Meinung hat sich also geändert. Er steht nun hinter der Entscheidung von Justizminister Eric Holder, den erfahrenen Staatsanwalt John H. Durham als Sonderermittler einzusetzen. Durham soll Dutzende Fälle untersuchen, die durchaus dazu führen könnten, dass gegen ranghohe Mitglieder der Bush-Regierung juristische Schritte unternommen werden.
Zudem stellt Holders Entscheidung ein klares Misstrauensvotum gegen die CIA dar. Der Sonderermittler wird nämlich nicht dem Geheimdienst unterstehen, sondern dem Bundeskriminalamt FBI angegliedert sein. Damit wird er direkt dem Nationalen Sicherheitsrat im Weißen Haus Rede und Antwort stehen.