#PanamaPapers Das Panama-Buch der „Gebrüder Obermay/ier“
Am Mittwoch ist „Panama Papers“ erschienen, das Buch, das Bastian Obermayer und Frederik Obermaier parallel zur Recherche geschrieben haben. Es erzählt vor allem von der Begeisterung zweier Reporter für ihren Job.
München/Köln. Sie sind schon fast am Ziel (und der Leser auf Seite 173), da können es Bastian Obermayer und Frederik Obermaier immer noch nicht fassen: Sie dürfen mit mehr als 100 Gästen internationaler Medien in das Allerheiligste des Verlags, in die Sky-Lounge des SZ-Hochhauses. „Der Raum reicht über zwei Etagen und ist an drei Seiten nur von Fenstern eingefasst. Die Berge in der Ferne, dort die Stadt mit ihren Türmchen und drüben die selbstverständlich in 1860-Blau leuchtende Allianz-Arena“, erfurchtelt es aus ihren Zeilen.
„Panama Papers“, das Buch zur gleichnamigen Enthüllung, am Mittwoch im Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen, ist vor allem eine begeisterte Erzählung zweier Reporter über die eigene Arbeit geworden, das über die bereits veröffentlichten Namen hinaus wenig neue Verdächtigte outet und viele Fragen offenlässt. Am Ende steht eine Liste mit 189 Fußnoten, die häufig besagen: „XY antwortete bis zum Redaktionsschluss dieses Buches nicht auf eine entsprechende Anfrage.“
Wer in den 349 Seiten auf die Suche nach regionalen Verdächtigen gehen will, ist wie immer mit der ebook-Variante am besten bedient. Entwarnung für NRW: Die Region zwischen Niederrhein und Bergischem Land kommt praktisch nicht vor.
"Aus der NRW-Politik erzählen die „Gebrüder Obermay/ier“, wie „Süddeutsche“-Chefredakteur Kurt Kister das investigative Duo laut des Buchs nennt, noch einmal die bereits bekannte Geschichte nach, wie der damalige CDU-Bundestags-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach den berüchtigten „Superagenten“ Werner Mauss in einer Steuer-Sache an den damaligen nordrhein-westfälischen Finanzminister Helmut Linssen (CDU) verwies, der Mauss wiederum an den zuständigen Abteilungsleiter seines Ministeriums weiterverwies — und sich zum Ausgang der Angelegenheit unter Hinweis auf das Steuergeheimnis ausschweigt.
In den Mossack-Fonseca-Daten fanden Obermayer und Obermaier auch die bereits bekannte Bahamas-Firma Longdown Properties, „wegen der Helmut Linssen, Ex-Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, 2014 sein Amt als CDU-Schatzmeister niederlegen musste“. Zu Linssens Ärger befand sich die Information auf einer Steuer-CD und trug ihm 2012 ein Strafverfahren ein, das schnell wieder eingeleitet wurde.
Die Autoren referieren den bekannten Ausgang: „In den relevanten Jahren hatte sein Offshore-Konstrukt mehr Geld gekostet, als sein dort geparktes Vermögen — das in den Neunzigerjahren über eine Luxemburger Bank eingebracht worden war — Zinsen verdient hatte.“ Der eigentliche Witz daran: Die damalige CD mit Daten der HSBC Trinkaus & Burkhardt International S.A. ließ Linssens Nachfolger, Norbert Walter-Borjans (SPD), kaufen.
Dass die Veröffentlichung genau zu einer Zeit erfolgen würde, in der eine neue Diskussion um die Kosten sozialer Ungleichheit begonnen hat, konnten die Enthüller nicht vorhersehen. Aber sie liefern die Munition für diese Debatte: „Der Angestellte sieht auf seinem Gehaltszettel nur ohnmächtig, was der Staat sich genommen hat. Wer aber seine Dividenden über eine Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln kassiert, kann selbst entscheiden, ob er diese Gewinne der Gesellschaft, in der er lebt und deren Annehmlichkeiten und Schutz er genießt, auch erklärt. Das Gefühl, dass „die da oben“ machen können, was sie wollen, ist in der Finanzwelt nicht nur ein Gefühl. Es ist die Realität.“
Bastian Obermayer und Frederik Obermaier schlagen als Rezepte gegen den Betrug der Wenigen an 99 Prozent der Bevölkerung keineswegs nur klassenkämpferische Töne an, zumal ihr Hinweis, dass es sich beim Steuergeheimnis um kein universelles Menschenrecht handelt, völlig berechtigt ist. Sie weisen darauf hin, dass die internationale Gemeinschaft durchaus in der Lage wäre, die Geschäftsmodelle in Steuer-Oasen auf exotischen Insel zu beenden. Einer der Gesprächspartner der Autoren, John Christensen vom britischen Tax Justice Network, formuliert es so: „Wenn die Bewohner einer dieser Inseln davon leben würden, Kreuzfahrtschiffe auszurauben — hätten wir da auch Mitleid? Eher nicht. Diese Inseln helfen nun aber seit Jahren, ganze Gesellschaften zu plündern!“