US-Wahl: Briefwahl-Stimmen werden noch ausgezählt Das sagen Amerikaner zum Zwischenstand

Auckland/Phoenix/Philadelphia · Was sagen die Amerikaner zum Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Joe Biden und Donald Trump? Die WZ hat mit drei Amerikanern über den aktuellen Zwischenstand gesprochen.

 Drei Amerikaner äußern sich zum Zwischenstand der US-Wahl.

Drei Amerikaner äußern sich zum Zwischenstand der US-Wahl.

Foto: dpa/Liau Chung-Ren

Abdishakur Aden aus San Diego (Donnerstag)

Ich habe meinen Briefwahlschein zwar schon vor ein paar Wochen bekommen, habe aber erst am Dienstag gewählt. Ich habe den ausgefüllten Wahlschein abgegeben. wegen der Pandemie sollte aber vor allem per Post abgestimmt werden.

Ich bin etwas nervös. Alle Prognosen sagen voraus, dass Biden gewinnt, aber ich werde erst entspannter, wenn das Ergebnis offiziell ist. Ich kann kaum abwarten, dass Donald Trump aus dem Amt geht.

Auch jetzt checke ich die Nachrichten alle paar Stunden auf der Suche nach Updates, und hoffe, dass Biden zum Sieger der Wahl erklärt worden ist.

Als Obama zur Wahl stand, habe ich für ihn gestimmt. Und auch wenn Biden jetzt nicht mein Favorit gewesen ist - das war Bernie Sanders – ist er Donald Trump doch weit überlegen. Der Mann ist eine Schande und ich schäme mich als Amerikaner, dass er unser Land regiert. Ihr wisst gar nicht, wie glücklich ihr sein könnt, jemanden wie Angela Merkel zu haben.

Daniel Rollingher aus Auckland (Dienstag)

Der Dienstagabend fühlt sich wie ein Tritt in den Bauch an. Das amerikanische Volk hat in den vergangenen vier Jahren eine intensive Spaltung erlebt, die durch einen Präsidenten verschärft wurde, der Angriff, Spott und Projektion bevorzugt. Der Abend fühlt sich wie eine totale Niederlage an.  Als Anwalt war meine größte Angst, dass wir eine Wiederholung von Bush versus Gore erleben. Dass es eine langwierige juristische Auseinandersetzung geben wird. Angesichts der Zahl der Briefwahl-Stimmzettel bin ich besorgt, dass es diesmal noch schlimmer kommen könnte. Das Einzige, was ich aus dieser Wahl für Trump mitnehme, ist, dass wir noch so viel Arbeit vor uns haben.

Maggie McDonald aus Philadelphia (Dienstag)

Ich hätte mir natürlich Joe Biden im Weißen Haus gewünscht. Präsident Trump spaltet mein Land seit vier Jahren. Er hat die Vereinigten Staaten weltweit lächerlich gemacht und scheint sich um niemanden, außer sich selbst, zu kümmern. Er leugnet den Klimawandel, weil er ihn zu Lebzeiten wohl nicht wirklich erleben wird. Ich aber werde ihn erleben.

Meine Hoffnung für die Zukunft ist, dass wir einen Präsidenten haben werden, dem ich vertrauen kann und der sich wirklich um die Menschen kümmern wird. Das wird jetzt noch vier weitere Jahre dauern. Ich möchte morgens aufwachen können und mir keine Gedanken darüber machen müssen, was der Präsident in der Nacht wieder getwittert haben könnte und welche Konsequenzen das nach sich ziehen wird. In meinem Land gibt es derzeit so viel Leid, das wir heilen müssen. Jetzt wird es ein harter, steiniger Weg.

Erin Edwards aus Phoenix (Dienstag)

Es wird sich zeigen, wie sich die Ergebnisse noch weiterentwickeln, weil so viele Menschen schon früh gewählt haben und tausende Stimmzettel noch ausgezählt werden müssen. Vier weitere Jahre mit Trump wären eine bittere Pille: Anhaltende Spaltung, Anstiftung zur Gewalt, Förderung von Rassismus und Fanatismus - all das ist nicht normal und akzeptabel für einen Präsidenten. Das einzige Positive in vier weiteren Trump-Jahren wäre aus meiner Sicht, dass Amerikaner aufwachen und mehr Aufmerksamkeit auf die Politik und aktive Beteiligung richten.

Herel Hughes aus New York (Donnerstag)

Der Wahltag war im ganzen Land angespannt, aber es gab auch die höchste Wahlbeteiligung in über 100 Jahren. Nach dem überraschenden Ergebnis der Wahlen 2016 hatten die Menschen Angst, jegliche Art von Vertrauen auszudrücken. Obwohl die Hälfte der Ergebnisse des Landes noch nicht gezählt wurde, schlich sich ein vertrautes Gefühl von Angst ein, als die Karte langsam rot wurde. Was während der Wahlnacht half, waren die kleineren, aber nicht weniger wichtigen Siege. Sarah McBride gewann einen Senatssitz in Delaware und wurde die erste transsexuelle Senatorin in der US-Geschichte. John Hickenlooper war der erste Demokrat, der einen Senatssitz in Colorado gewann. Diese Wahl ist aufgrund der Zunahme der Briefwahlstimmen schwer vorherzusagen. Dies kann das Endergebnis in verschiedenen Staaten um mehrere Tage oder Wochen verzögern. Es gibt direkte Maßnahmen im ganzen Land geplant, unabhängig vom Wahlergebnis. Viele Amerikaner haben das Vertrauen in eine politische Einheit verloren, insbesondere junge Amerikaner. Das Ergebnis der Wahlen sieht derzeit nicht gut aus. Fehlinformationen, Wähler-Unterdrückung und Ausgrenzung in Kombination mit der COVID-19-Pandemie und wirtschaftlichen Ängsten haben zu einer großen Wahlbeteiligung geführt, aber Biden hätte einen Erdrutschsieg gebraucht, um eine friedliche Machtübertragung zu haben.

Sarah Jenkins aus Florida (Donnerstag)

Der langwierige Prozess der Wahlen im Jahr 2020 hat sich wie ein nie endender Herzinfarkt angefühlt. Die Leute sind so voller Hass und wollen anscheinend, dass jeder es weiß. Unverschämte Verschwörungstheorien sind zu einer echten Kraft hinter Kampagnen geworden - das ist deprimierend und erschreckend. Einen Präsidenten zu haben, der sich weigert, Wahlergebnisse zu akzeptieren, wird in den USA nicht erwartet, aber irgendwie ist es so. Es fühlt sich ehrlich so an, als ob die Hälfte der Amerikaner will, dass das Land scheitert, also beweisen sie, dass sie Recht hatten, an Wahnsinn zu glauben. Was die Erwartungen betrifft ... Ich hoffe auf das Beste und habe keine Ahnung, wie ich mich auf das Schlimmste vorbereiten soll. Vielleicht sollten wir in kugelsichere Kleidung investieren, da die Unternehmen, die Kugeln herstellen, Probleme haben, mit der Nachfrage Schritt zu halten während der Waffenverkauf in die Höhe schießt.