Debatte um Burka-Verbot in Belgien

Erstmals ächtet ein Staat Europas die traditionelle Kleidung arabischer Frauen und Mädchen.

Brüssel. Belgien ist wieder einmal für eine Überraschung gut. Die Regierung des christdemokratischen Premierministers Yves Leterme ist am Sprachenstreit gescheitert und nur noch geschäftsführend im Amt. Und dann stimmt das Parlament des krisengeschüttelten Landes einstimmig für ein Verbot von Ganzkörperschleiern. Über Sprachen- und Parteiengrenzen hinweg gibt es einen Konsens: Die Würde der Frau muss verteidigt werden.

Ein bisschen Pathos darf nicht fehlen, denn es gibt derzeit wenig, worauf belgische Politiker in Brüssel stolz sein können. "Wir sind das erste Land", meint der liberale Abgeordnete Denis Ducarme, "das den Riegel sprengt, der zahlreiche Frauen in der Sklaverei gehalten hat."

Ducarme hofft, dass Frankreich, die Schweiz, Italien oder die Niederlande folgen werden. Die Chancen stehen gut: So sind die Vorbereitungen in Frankreich für ein Verbot weit fortgeschritten.

Eigentlich zweitrangig ist dabei, dass das Tragen von Burka oder Nikab im Land der Flamen und Wallonen nicht sonderlich verbreitet ist. Die Parlamentsentscheidung, die noch den Senat passieren muss, habe "vor allem symbolischen Charakter", kommentierte am Freitag die italienische Tageszeitung "La Repubblica".

Wegen der Institutionenkrise in Belgien sorgte der Parlamentsbeschluss für wenig Aufregung. Die Bürger interessieren sich eher dafür, wann das Parlament aufgelöst und dann neu gewählt wird.

Umso schärfere Kommentare gab es im Ausland. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International geißelte das Votum der Volksvertretung als gefährlichen Präzedenzfall.

Vorwürfe gab es auch in der arabischen Welt. Scheich Abdurrahman, der in der Al-Diraa-Moschee in der saudischen Hauptstadt Riad predigt, rief Muslime in Belgien sogar auf, das Land zu verlassen.

Brüssel ist nicht Paris - das könnte sich im Fall der Burka-Debatte auszahlen. Bei den Golf-Araberinnen fehlt die Europa-Haupstadt auf der Liste der Urlaubsziele, Einbrüche beim Tourismus sind da eher nicht zu befürchten. Ungemach droht eher in Frankreich. Reiseveranstalter in Dubai warnten diese Woche bereits davor, die französische Hotellerie müsse sich wegen des geplanten Schleier-Verbotes auf einen spürbaren Rückgang der Besucherzahlen aus den reichen Golfstaaten einstellen.