Den Bundespräsidentenabwählen — warum nicht?
Nicht ein Staatsanwalt, die Bundesversammlung soll entscheiden — sagt Roman Herzog.
Düsseldorf. „Wegen eines richtig schweren Verbrechens kann nur das Bundesverfassungsgericht einen Bundespräsidenten aus dem Amt entfernen. Und bei einem vergleichsweise leichten Vergehen kann ein Staatsanwalt aus Hannover kommen.“ Roman Herzog, der frühere Bundespräsident, hat gegenüber der „Heilbronner Stimme“ auf eine Fehlgewichtung hingewiesen, die der Fall seines Amtsnachfolgers Christian Wulff aufzeigt. Dieser hatte lange Zeit nicht selbst die Konsequenzen aus den verschiedenen Affären gezogen.
Andererseits waren die Voraussetzungen für eine Präsidentenanklage nach Artikel 61 des Grundgesetzes (vorsätzliche Verletzung des Grundgesetzes oder eines anderen Bundesgesetzes) offensichtlich nicht gegeben. Herzog erscheint es nicht opportun, in einer solchen Situation einer Staatsanwaltschaft letztlich auch politische Macht in die Hand zu geben. Denn sie kann den Rücktritt indirekt durch ihren Antrag auf Aufhebung der Immunität erzwingen.
Die Idee des Staatsrechtlers: Statt die Medien mehr oder minder große Skandale aufdecken zu lassen, bis ein Staatsanwalt genug Stoff für Ermittlungen hat, soll die Bundesversammlung entscheiden. Das Gremium, das den Bundespräsidenten zuvor ins höchste Amt gehoben hat, soll es in der Hand haben, diesen auch wieder abzuwählen.
Die Entscheidung würde damit aus den Händen der Öffentlichkeit oder einer von dieser angetriebenen Staatsanwaltschaft in die politisch organisierte Bundesversammlung überantwortet. Diese besteht aus den Mitgliedern des Bundestags und derselben Anzahl von Mitgliedern, die von den Landtagen bestimmt werden.
Vor einer Umsetzung des Vorschlags müssten freilich wichtige Fragen beantwortet werden: Soll es exakt die alte Bundesversammlung sein, die ihn einst wählte oder sollte es ein den aktuellen Mehrheitsverhältnissen angepasstes Gremium sein? Soll nach dem Modell des für den Bundeskanzler geltenden konstruktiven Misstrauensvotums direkt der Nachfolger gewählt werden?
Vor allem: Wäre es richtig, das ohnehin nicht sehr starke Amt des Bundespräsidenten weiter zu schwächen? Die Parteipolitik könnte einem Präsidenten, von dem man sich doch wünscht, dass er unbequem ist und dass er über dem politischen Grabenkampf steht, ständig drohen: Er solle in seiner unabhängigen Amtsführung mal ja nicht zu weit gehen, sonst werde man ihn abwählen.