Moerser wollen Bürgermeister stürzen
Norbert Ballhaus sieht sich massiven Kungel-Vorwürfen ausgesetzt. Zum zweiten Mal in NRW machen die Bürger mobil.
Moers/Düsseldorf. Adolf Sauerland ist erst einmal abgetaucht. Der gerade abgewählte Duisburger Oberbürgermeister hat sich bei politischen Weggefährten nach der heftigen Schlappe vor neun Tagen abgemeldet: „Ich brauche Abstand.“ Während der CDU-Politiker Sauerland versucht zu verstehen, was ihm da mit der Abwahl durch den Bürger widerfahren ist, kämpft wenige Kilometer von Duisburg entfernt Norbert Ballhaus (SPD) in Moers um sein Amt. Auch ihn wollen Bürger aus dem Rathaus jagen.
Sauerland musste wegen der Katastrophe bei der Loveparade gehen. Damals starben 21 Menschen bei der schrecklichen Massenpanik auf dem Veranstaltungsgelände, 500 wurden verletzt. Sauerland wird dafür wohl juristisch nicht belangt, wohl aber politisch und moralisch verantwortlich gemacht.
Um Tote geht es bei Ballhaus nicht. Aber die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben werden, sind gleichwohl massiv: die Beförderung von Günstlingswirtschaft, ein leichtfertiger Umgang mit der Wahrheit ebenso wie mit städtischem Vermögen. Ein ganzes Bündel von Anwürfen.
Die Vorwürfe gegen den Bürgermeister aus Moers gehen zurück ins Jahr 2008. Damals drängte Ballhaus darauf, ein Sportzentrum abreißen zu lassen. Doch das alte war nach Expertenansicht noch gut in Schuss. Ballhaus veranlasste ein Gutachten des Krefelder Rechtsanwalts Lothar Vauth. Das Ergebnis: Das Sportzentrum sei marode. Der millionenteure Neubau entstand im Ortsteil Rheinkamp, dort, wo Ballhaus SPD-Ortsvereinsvorsitzender ist.
Von Anwalt Vauth ging wenig später eine Spende über 1000 Euro bei der SPD Wesel unter dem Verwendungszweck „Buergm Moers Wk-Spende“ ein. Erst nach entsprechenden Presseberichten und bohrenden Nachfragen im Stadtrat räumte Ballhaus Fehler bei der Auftragsvergabe ein. Gegen Vauth wird wegen Untreue und Betrug ermittelt. Dabei geht es um mögliche Unregelmäßigkeiten bei Mandanten- und Kanzleivermögen. Auch hat er an die Duisburger SPD gespendet und dort lukrative Aufträge von kommunalen Unternehmen erhalten.
Diese Haltung ist für die Bürgerinitiative „Rathaus ohne Ballhaus“ nicht glaubwürdig, der Vorfall auch nur die Spitze des Eisberges. „Wir haben es hier mit einem dichten Geflecht von Beziehungen und Filz zu tun. In der Stadt muss sich etwas ändern“, sagte Karsten Schubert von der Bürgerinitiative.
Wie in Duisburg ist dies ein überparteiliches Bündnis, das wie in der Nachbarstadt auch von Parteien unterstützt wird. Wie die CDU bei Sauerland, steht in Moers die SPD in Treue fest zu ihrem Mann — Norbert Ballhaus.
An Ständen in der Innenstadt, aber auch in Sportvereinen, an Stammtischen oder an Kaffeetafeln werden seither Unterschriften gesammelt. Drei Monate haben die Ballhaus-Gegner Zeit, die Zahl von 12 555 Unterschriften zusammenzubekommen, um das Abwahlverfahren einzuleiten. Dann bedürfte es 20 000 Wählerstimmen, um Ballhaus zu stürzen.
„Wir haben jetzt knapp 1000 Unterschriften beisammen. Es läuft gut an“, sagte Schubert. „Die Sauerland-Abwahl gibt uns Rückenwind“, pflichtete Brigitte Glocker bei. Sie ist Moerser CDU-Chefin. Sauerland ist ihr Parteifreund. Schubert will sich von den Parteien nicht vereinnahmen lassen: „Wir freuen uns über die Unterstützung. Aber wir sind unabhängig.“