Der „Lappen“ wird befristet

EU-Politik: In Zukunft muss der Führerschein alle 15 Jahre erneuert werden. Der ADAC rechnet mit einer Überlastung der Ämter.

<strong>Berlin. Den Führerschein auf Lebenszeit wird es in Zukunft nicht mehr geben. Das haben der Europäische Rat und das Europäische Parlament in ihrer dritten Führerscheinrichtlinie festgelegt. Ab 2013 muss der "Lappen" alle 15 Jahre erneuert werden - aber nicht durch einen Gesundheitstest oder eine neue Fahrprüfung. Der Führerschein wird lediglich, wie ein Personalausweis auch, ausgetauscht und mit einem aktuellen Foto versehen.

Deutschland hat sich gegen Gesundheitstests eingesetzt

Ursprünglich sollte die Regelung für mehr Einheitlichkeit in der EU sorgen. Mitgliedstaaten wie Italien, Spanien, Slowenien und Ungarn haben bereits eine Führerscheinfrist. Dort ist die Verlängerung immer an eine ärztliche Untersuchung geknüpft. Der regelmäßige Gesundheitstest war auch der Ausgangspunkt der EU-Überlegungen. Dass er nun doch nicht eingeführt wird, liegt unter anderem daran, dass deutsche Automobilverbände und Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) deutlich dagegen argumentiert haben. "Deutschland hat sich durchgesetzt", sagt Reinhard Schild, Sprecher des Verkehrsministeriums. Seiner Ansicht nach sind ärztliche Pflichtuntersuchungen für Autofahrer weder nötig noch vermittelbar. "Die Leute werden immer älter, arbeiten länger und bleiben länger fit, und plötzlich sollen sie nicht mehr Auto fahren können?" Schild verweist auf die medizinisch-psychologische Untersuchung, den so genannten "Idiotentest". Dieses Verfahren sei EU-weit einmalig und für Deutschland ausreichend. Die Grünen-Fraktion im Bundestag fordert dagegen in einem Positionspapier ausdrücklich regelmäßige Gesundheitstests für ältere Autofahrer "zur Unterstützung der Selbsteinschätzung im Hinblick auf die Fahrtüchtigkeit". Aus dem Büro des verkehrspolitischen Sprechers der Grünen heißt es sogar: "Die Führerscheinfrist wäre eine Chance gewesen, regelmäßig die theoretischen Kenntnisse zu überprüfen." Wer dann merke, dass er Nachholbedarf habe, könne noch einmal ein paar Stunden in der Fahrschule nehmen. Gesundheitstests hält der ADAC für unnötig. Die Führerscheinfrist allerdings auch. "Ein Führerschein ist kein Ausweispapier, das die Identität eines Menschen klärt. Dafür gibt es den Personalausweis", sagt Rechtsexperte Maximilian Maurer. Er befürchtet eine Überlastung der Ämter: "Wir haben in Deutschland 42 Millionen Autofahrer. Im Moment ist die Infrastruktur gar nicht da, um diese Maßnahme umzusetzen."

Der Fahrlehrerverband hält die Frist für "bürokratischen Blödsinn"

Ursprünglich wollte die EU die Führerscheinfrist auf zehn Jahre festsetzen. Dass es in Deutschland 15 Jahre sind, ist ebenfalls eine vom Verkehrsministerium ausgehandelte Sonderregelung. Gerhard von Bressensdorf, Präsident der Bundesvereinigung deutscher Fahrlehrer, lobt die Sonderfrist: "Mir ist nicht bekannt, dass es mit Jugendfotos im Führerschein Probleme gibt. Ich hoffe, dass Deutschland diesen bürokratischen Blödsinn nicht mitmacht und an der 15-Jahres-Frist festhält."

Wann kommt die Führerscheinfrist?

Die Richtlinie: Bis 2013 muss die Führerscheinfrist in deutsches Recht umgesetzt worden sein. Wer dann nach dem 18. Januar 2013 seine Fahrerlaubnis erwirbt, erhält nur noch ein befristetes Dokument. Alle anderen Autofahrer haben bis zum Jahr 2033 Zeit, ihren nationalen gegen einen EU-Führerschein einzutauschen. Dann erhalten auch sie eine befristete Fahrerlaubnis.

Die Ziele: Die EU-Richtlinie soll das Führerscheinrecht europaweit harmonisieren und für mehr Sicherheit im Straßenverkehr sorgen. Alle Autofahrer sollen ihre Fahrerlaubnis unter den gleichen Grundvoraussetzungen besitzen. Außerdem soll der EU-Führerschein im Scheckkartenformat schneller verbreitet werden.

Eine Frist zu setzen, ohne Bedingungen daran zu knüpfen, hat keinen Sinn. Wenn jeder ohne Auflagen seinen alten Führerschein gegen einen neuen eintauschen kann - warum dann überhaupt tauschen? Die Führerscheinfrist wäre eine Chance gewesen, die Sicherheit auf den europäischen Straßen zu erhöhen. Gesundheitstests hätten garantiert, dass nur derjenige einen neuen Führerschein bekommt, der fahrtauglich ist. Dazu war die Frist auch ursprünglich gedacht - als Mittel, nicht als Zweck. Nach drei Jahren Verhandlungen aber blieb nur noch die Frist übrig. Sie allein bringt weder mehr Sicherheit noch mehr Einheitlichkeit in der EU. Nur erheblich mehr bürokratischen Aufwand.