Deutschland redet über Integration
Die Kanzlerin will die Bemühungen verstärken, vor allem bei der Bildung. Die Thesen von Sarrazin nennt sie „Unsinn“.
Berlin. Der Streit um die umstrittenen Thesen von Thilo Sarrazin hat eine neue Integrationsdebatte ausgelöst. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte der türkischen Zeitung "Hürriyet", Integration sei eines der wichtigsten Themen unserer Zeit.
Nach einem Bericht der "Saarbrücker Zeitung" soll noch in diesem Jahr der erste Integrationsgipfel unter Federführung der schwarz-gelben Bundesregierung stattfinden.
Merkel machte den Türken gegenüber deutlich, dass sie Sarrazins Thesen ablehnt. Sarrazins Argument, Deutschland werde durch türkische und andere muslimische Einwanderer dümmer, sei "Unsinn", sagte sie "Hürriyet". Es müsse aber in der Integrationspolitik noch mehr getan werden als bisher. "Dies bedeutet Bildung, Bildung und nochmal Bildung", sagte Merkel.
So gebe es in den Berliner Bezirken Kreuzberg, Wedding oder Neukölln viele Menschen ausländischer Herkunft, die etwas aus ihrem Leben in Deutschland machen. "Wenn man ehrlich ist, sieht man dort aber auch vieles, das zeigt: Wir haben in der Bildungs- und Sozialpolitik noch einen langen Weg vor uns."
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte, nach der beschlossenen Abberufung Sarrazins als Bundesbankvorstandsmitglied sei es jetzt an der Zeit, "dass wir uns dem eigentlichen Thema widmen". Die Integration der Migranten sei eine der wichtigsten Herausforderungen.
Bundespräsident Christian Wulff verlangt derweil vor der Entlassung von Sarrazin eine Stellungnahme der Bundesregierung. Der Antrag der Bundesbank zur Entlassung ihres Vorstandsmitglieds war am Freitag beim Bundespräsidenten eingetroffen.
Für die Entlassung eines Bundesbank-Vorstands gibt es bislang keinen Präzedenzfall. Deshalb war seit Tagen spekuliert worden, ob neben dem Bundespräsidenten auch die Regierung eingeschaltet werden muss.
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles verteidigte derweil das am Donnerstagabend von Sarrazins Berliner Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf eingeleitete Parteiausschlussverfahren. Gegen das Verfahren hatte es Protest aus der Parteibasis gegeben.
Sarrazin habe eine Grenze überschritten, schrieb Nahles laut Medieninformationen in einem Brief an alle SPD-Mitglieder. Der angestrebte Parteiausschluss Sarrazins sei aber "keine Absage an eine intensive Debatte über Integrationspolitik in unserem Land".