Die bislang unbekannten Affären des Monsieur Strauss-Kahn
Ex-IWF-Chef liebte Sex-Partys, doch von Prostitution und Zuhälterei will er nichts gewusst haben. Nun wird er in Lille verhört.
Paris. Die Vernehmung im Kommissariat von Lille zur Callgirl-Affäre beginnt an diesem Dienstag um neun Uhr. Dutzende Fotografen und Kameraleute haben sich vor dem Gebäude aufgebaut, um ein Bild von Dominique Strauss-Kahn schießen zu können. Doch „DSK“ bleibt hinter den verdunkelten Scheiben der Peugeot-Limousine unsichtbar.
Frankreich ist eben nicht Amerika. Als die New Yorker Polizei den mächtigen Chef des Weltwährungsfonds (IWF) im Mai 2011 wegen des Verdachts der versuchten Vergewaltigung im „Sofitel“ festnahm, schleppte sie den unrasierten Häftling in aller Öffentlichkeit in Handschellen vor den Staatsanwalt.
Ob Strauss-Kahn in der sogenannten „Carlton-Affäre“ von Lille nur Zeuge oder Beschuldigter sein wird, muss die Vernehmung erst noch erbringen. Dafür wurde Strauss-Kahn in Polizeigewahrsam genommen.
Es geht um Dutzende Sex-Partys mit Prostituierten in Paris, Brüssel und Washington. Vor allem geht es um die Frage, ob der 62-Jährige gewusst hat, dass sich die Frauen ihre Dienste haben bezahlen lassen und ob er gar an der Party-Vorbereitung mitgewirkt hat. In diesem Fall drohen dem Beinahe-Präsidentschaftskandidaten Anklagen wegen organisierter Zuhälterei und Veruntreuung von Firmengeldern — im äußersten Fall sieben Jahre Haft und 375 000 Euro Strafe.
DSK sieht sich jedoch zu Unrecht an den Pranger gestellt. „Niemals habe ich etwas Illegales getan. Zuhälterei, Prostitution — das verachte ich“, gibt er dem Buchautor Michel Taubmann („Die Affären DSK“) zu Protokoll. Dass er an Sex-Orgien teilgenommen hat, bestreitet er nicht.
Die Prostituierte Florence V. will den früheren Polit-Star laut „Le Monde“ etwa zehnmal auf Sex-Partys getroffen habe. Den Lohn habe es stets in bar gegeben: 500 bis 1000 Euro. Mal traf man sich im „Carlton“ in Lille, mal im „Murano“ in Paris, mal im Hotel „W“ nahe dem Weißen Haus.
Fest steht wohl, dass der Unternehmer Fabrice Paszkowski die lustvollen Abende organisiert und bezahlt hat. Aber auch eine Firma des Bauimperiums Eiffage, das auf staatliche Aufträge spezialisiert ist, soll die Sex-Partys mitfinanziert haben — offenbar um „Landschaftspflege“ zu betreiben.
Gegen acht Persönlichkeiten der feinen Liller Gesellschaft wird ermittelt. Mehrmals jetteten sie mit den Prostituierten über den Atlantik, um den IWF-Chef in den USA zu verwöhnen. Die offenbar letzte Sex-Party ist datiert vom 11. Mai — zwei Tage vor Strauss-Kahns Verhaftung in New York.